USA, 2009
Kinostart: 29.04.2009
Es geht doch nichts über Bryan Singer. So lautet das etwas ernüchternde Fazit des neuesten X-Men-Abenteuers.
Der Film, der die Ursprungsgeschichte des Fan-Favoriten Wolverine erzählt, roch wie alle Ableger von Anfang an nach Ausschlachtung, und die berichteten Streitereien zwischen Regisseur Gavin Hood und Fox-Chef Tom Rothman halfen nicht, diesem Eindruck entgegenzuwirken. Rothman ist bekannt dafür, dass ihm kein Film zu kommerziell ist, während Hood sich bisher mit thematisch anspruchsvollerem Material hervortat.
Es ist zu begrüßen, dass nach Brett Ratner wieder ein ambitionierterer Filmemacher ans Ruder gelassen wurde, doch so richtig wohl fühlte sich Hood mit dem Stoff offenbar nicht. Wolverine wirkt über weite Strecken wie ein kleiner Film, der gerne ein großer wäre. Im Kleinen drückt sich dies in einem Übermaß an Imponiergehabe aus, das grundsätzlich zwar zur Figur passt, an ein, zwei Stellen jedoch von Coolness in unfreiwillige Komik umkippt. Im Großen durch Spezialeffekte, die nicht immer perfekt gelingen. Auch dies wird selten zum Problem, führt allerdings zu einem Showdown, der zwar bombastisch, jedoch durchweg künstlich aussieht.
Die größte Schwäche des Films liegt, wie könnte es anders sein, im Drehbuch. Der Vorspann, der mittels einer hübsch anzusehenden Montage Jahrzehnte erzählenswerter Geschichte vorbeihuschen lässt, stimmt die Zuschauer bereits auf die gehetzte Erzählweise ein. Nur selten gönnt sich der 107 Minuten lange Film eine Pause, wodurch die emotionalen Elemente größtenteils ins Leere laufen. Ärgerlich: Einige kleine sowie ein großer Continuity-Fehler in Bezug auf die X-Men-Filme. Überraschende Wendungen in allen Ehren, doch warum hier die Geschichte verändert werden musste, lässt sich nicht nachvollziehen.
Somit bleibt unterm Strich nur eins: der Spaßfaktor. Hier muss sich Wolverine mit seinen hastig geschnittenen, nichtsdestotrotz aber unterhaltsamen Actionszenen keineswegs verstecken und bietet bei entsprechend heruntergeschraubtem Anspruch einen guten Start in den Kinosommer.
Hugh Jackman ist in der Titelrolle nach wie vor der am perfektesten besetzte Superheld seit Christopher Reeve als Superman und spielt erneut mit Gusto. Die bedeutendste Neuerung und auch der eine Punkt, in dem sich der Film über seine Mutterfilme hinwegsetzen kann, ist Liev Schreiber als Sabretooth. Während Tyler Mane, der den spitzzahnigen Bösewicht im ersten Teil spielte, selbst mit verdutzten Blicken schauspielerisch überfordert war, bietet Schreiber ein spannendes Gegengewicht zu Jackman und verleiht der Figur Tiefe und Glaubwürdigkeit.
Daneben gibt es eine ganze Reihe von Gastauftritten weiterer Comicfiguren, die allesamt unterhaltsam geraten, zum Teil aber massiv von ihrer Comicvorlage abweichen. Vor allem Weapon Xi wird hartnäckigen Comicfans aufstoßen, und auch Gambits lange erwarteter Auftritt dürfte wenig Begeisterungsstürme ernten. Ob der charmante Kartenschmeißer mit einem seichten Schönling wie Taylor Kitsch passend besetzt ist, mögen Andere entscheiden, vor allem kommt die Figur schlichtweg zu kurz. Im letzten Drittel drängt sich unweigerlich der Eindruck auf, Gambit sei für Größeres bestimmt gewesen und aus zeitlichen Gründen zusammengestrichen worden.
Wie so oft hängt der Erfolg von X-Men Origins: Wolverine von der Erwartungshaltung ab, mit der man ihn sieht. Dass der Film Spaß macht, ist ebenso wenig zu verleugnen wie seine zahlreichen Schwächen. Im Vergleich zu X-Men 3 ist es ein Schritt nach vorn, nur einen neuen X-Men 2 sollte man nicht erwarten.
Felix “Flex” Dencker