Originaltitel: It’s complicated
USA, 2009
Kinostart: 21.10.2010
dann wär’ mein Vater Millionär
Ja, was dann? Dann wäre sie so wie im neuen Film von Nancy Meyers, dessen reiche, glückliche, von tollen Freunden und liebender Familie umringte Heldin ein gar fürchterliches Problem plagt: Sie muss sich zwischen zwei attraktiven, reichen und erfolgreichen Männern entscheiden.
Alec Baldwin spielt den Ex-Mann von Restaurant-Besitzerin Meryl Streep, der sie vor Jahren für eine jüngere Frau (Lake Bell) verlies. Als die beiden sich bei einer Feier begegnen, landen sie im Bett, und plötzlich ist Streep “die andere Frau.” Damit nicht genug, auch der Architekt (Steve Martin), der daran arbeitet, ihr Haus zu vergrößern, findet wachsendes Interesse an ihr.
Filmkritiker Gene Siskel, bis zu seinem Tod langjähriger Wegbegleiter von Roger Ebert, fragte einmal, “Ist dieser Film interessanter als eine Dokumentation über dieselben Schauspieler, wie sie zu Mittag essen?”
Wenn Liebe so einfach wäre vergeigt diesen Test mit Pauken und Trompeten, denn so reizvoll die Darsteller sind, so banal sind die Figuren.
Meryl Streep ist immer eine Freude, doch selbst ihre Figur wirkt nie so ganz lebensecht. Als Übermutter hat sie jederzeit die richtige Antwort parat und verliert nie die Nerven mit ihren Kindern, die vor Glück weinen, wenn sie Zeit mit ihren Eltern verbringen dürfen. Sie kann sich stets eine Auszeit nehmen und ist dennoch wundersam erfolgreich in ihrem Beruf. Sie bekocht jeden Gast festlich und bringt für jedes noch so unbedeutende Erlebnis die Begeisterung eines fünfjährigen Mädchens auf. Somit stellt sie wohl das idealisierte Selbstbild der Zielgruppe dar, doch wenn man selbst nicht dazu gehört, fällt es schwer, nur annähernd so vergnügt zu quietschen, wie Streep es die satten zwei Stunden lang praktisch durchgehend tut.
Steve Martins Architekt besitzt überhaupt keinen erkennbaren Charakter. Er ist so langweilig, so treudoof, dass Meyers eine Marijuana-Szene einfügen musste, um ihn wenigstens einmal seine Gesichtsmuskeln bewegen zu lassen.
Lake Bell als die böse, weil junge und schöne Frau kommt nur kurz zu Wort, um das Bild der Harpyie zu bestätigen, das Streep und Publikum von ihr haben. Neben einem redundanten, aber amüsanten Auftritt von John Krasinski als Streeps Stiefsohn ist es somit an Baldwin, den Film zu erden. Er spielt den erfolgreichen Jäger mit sympathischem Stolz, und die gemeinsamen Szenen mit ihm und Streep gelingen. Diese Paarung hätte definitiv einen inspirierteren Film verdient.
Es ist kein gutes Zeichen, wenn die Charaktere mehr Spaß haben als die Zuschauer. Streeps Dauergiggeln wäre in einem besseren Film vermutlich ansteckend. Wenn sie auf dem Sessel springt wie ein kleines Kind und zwischen luxuriösen Anwesen und noblen Hotels hin und her pendelt, wirkt es jedoch zunehmend wie hämisches Kichern über die Kinogänger, die diesen Luxus bezahlt haben.
Felix “Flex” Dencker