Deutschland, 2006
Kinostart: 03.04.2008
weckt die Knisperlust
Der überarbeitete Stararchitekt Färber wird zu einem Geheimprojekt auf eine einsame Insel gelockt. Dort soll eine Konferenz aus Größen der Hochfinanz, Politik und Wissenschaft die Weichen zur Gesellschaft der Zukunft stellen, indem sie auf der Ostseeinsel Vineta eine Modellstadt entwirft. Während Färber eine Vision von der neuen Metropole als Begegnungsstätte der Kulturen hat, setzt sein Konkurrent auf Überwachung, Kontrolle und angsteinflößende Architektur. Und auch die Auftraggeber um Baumogul Leonard scheinen auf dieser Wellenlänge zu liegen, lassen sie doch alle Teilnehmer auf Schritt und Tritt ausspionieren. Oder spielt hier der Leistungsdruck Färber nur einen Streich, und er sollte den Entspannungsübungen der Fitnessexpertin Nina mehr Aufmerksamkeit schenken?
Der Film Vineta von Franziska Stünkel ist eine Adaptation des Theaterstücks Republik Vineta von Moritz Rinke. So überrascht es den Zuschauer nicht, dass sich der Plot zunächst als reiner Aufhänger für gesellschaftskritische Dialoge von Figuren erweist, die Positionen in einem Diskurs darstellen und keine Menschen, wie es sich spätestens seit der Abkehr vom aristotelischen Einfühlungsparadigma durch Bertolt Brecht im Theater durchgesetzt hat. Diese verkopfte Abhandlung darüber, wo die Gesellschaft hinsteuert und wo sie hinsteuern sollte, wird kontrastriert durch den Protagonisten am Rande des Zusammenbruchs, dem Peter Lohmeyer ein ausgezehrtes Gesicht verleiht und dessen paranoiden Schübe und Wahrnehmungsstörungen die Regisseurin in stimmigen Bildern einzufangen weiß.
Entgültig zu einem kleinen Geheimtipp macht Vineta die Tatsache, dass die Voreingenommenheit des Zuschauers gegenüber dem deutschen Film bzw. Theater sehr geschickt genutzt wird, um ihn auf eine falsche Fährte zu locken. Wer sich also auf einen sehr langsam erzählten Film einzulassen bereit ist, den erwartet ein ansprechendes Paket aus guten Darstellern, guter Regie und nicht zuletzt einem sehr gelungenen Drehbuch.
Sven Ole ‘Leisure Lorence’ Lorenzen