Kinostart: 13.03.2014
Bis(s) zum Abwinken
Was passiert, wenn man die vegetarischen, melancholischen Vampire aus Twilight gegen die ernstzunehmenden, bluthungrigen Vampire der Dracula-Ära antreten lässt und noch Halblinge wie Blade in den Mix wirft?
Wenn Eure Antwort lautet “Hogwarts bei Nacht”, herzlichen Glückwunsch, einer Karriere als (epigonistischer) “Young-Adult”-Autorin steht nichts im Wege. Wie bei auf “junge Erwachsene” zugeschnittener Literatur üblich, werden auch bei Vampire Academy, der Verfilmung des ersten Teils der gleichnamigen Romanreihe von Richelle Mead die altersbedingten Sorgen und Nöte der Zielgruppe mindestens geanuso ausführlich behandelt wie der eigentliche Plot und der Fantasy-Stoff, nach dem Motto: “Die Welt ist gerettet, aber wird Christian denn auch auf dem Ball mit mir tanzen?”
Neben der Etablierung einer Fantasy-Welt wird also auch noch großes Highschool-Drama in 104 Minuten abgehandelt.
Die gute Nachricht ist, dass dies recht schwungvoll passiert.
Rose (Zoey Deutch), halb Vampir, halb Rose Byrnes jüngere Schwester, gehört als Dhampir einer Wächterkaste an, die es sich zur Aufgabe macht, die Moroi, friedliche, magische Herrschervampire, vor den Strigoi zu schützen, starken, blutrünstigen Bösevampiren.
Es ist also letztendlich genau dasseslbe rassistische, reaktionäre und antidemokratische Kastenwesen wie es seit Tolkien Standard in der Fantasy-Literatur ist und auch hier natürlich von niemandem hinterfragt wird, am wenigsten von der als Rebellin eingeführten Rose.
Ihr Schützling Lissa ist als einzige Überlebende ihrer Familie nach einem tragischen Unfall, schöne Prinzessin und hochwahrscheinliche Thronfolgerin in einer Monarchie Natürlich Außenseiterin und Mobbingopfer an der Highschool. Man muss aber auch zugeben, dass es an einer Schule, wo Mila-Kunis-Double Sara Hyland als hässlicher Loser gebrandmarkt wird, nicht ganz einfach sein kann, sozial zu überleben.
Gut für Lissa, dass der ebenfalls ausgegrenzte und melancholische Schul-Edward Christian (wie in: Christian Grey) seine Schulter zum Anlehnen anbietet. Rose dagegen muss sich zwischen dem hübschen Arschloch, dem langweiligen netten Typen und ihrem sexy Trainer entscheiden.
Obwohl der Stoff eine Mischung aus Twilight und Harry Potter ist, wird er eher wie in True Blood abgehandelt, soll heißen: Schnelle, witzige Dialoge, und nie der Eindruck, dass sich der Film übermäßig ernst nimmt.
Lissas freiwillige Blutspenderin ist beispielsweise eine E.L. James-Doppelgängerin, die Twiglight-Fan-Fiction schreibt.
Zoey Deutch ist eine erfrischende Neuentdeckung. Es scheint sich nach Jennifer Lawrence’ Erfolg als Catniss in Tribute von Panem herumgesprochen zu haben, dass es auch für Teenagerfilme nicht reicht, wenn die weibliche Hauptrollen nicht mehr als gutes Aussehen und körperliche Anwesenheit zu bieten hat.
Lucy Fry hingegen spielt die blutarme Langweilerin ein bisschen zu überzeugend. Olga Kurylenko gibt als grundlos sadistische Schulleiterin eine schöne Performance, Gabriel Byrne ist verschwendet und spielt seine Rolle im Autopilot runter.
Ohne Frage ist Vampire Academy ein großer Haufen Schwachsinn, aber immerhin leidlich unterhaltsamer Schwachsinn.
Und ist das nicht die wahre Kunst?
Nein.
Sven Ole Lorenzen