USA, 2010
Kinostart: 21.01.2011
1982 schrieb Disney mit Tron Filmgeschichte. Der Film war weder feinsinnig erzählt noch allzu spannend. Seine Errungenschaft war technischer Natur: er markierte den Beginn der CGI-Ära.
Fast 30 Jahre später startet Tron 2 alias Tron: Legacy und demonstriert, dass “mehr von allem” bei Fortsetzungen nichts schlimmes sein muss.
Diesmal steht Sam Flynn (Garrett Hedlund) im Mittelpunkt der Geschichte, Sohn des damaligen Helden Kevin (Jeff Bridges). Jener verschwand vor über 20 Jahren spurlos und hinterließ seinen kleinen Sohn als Erben des mächtigen Computerkonzerns Encom.
Als Sam dem Hinweis eines Freundes folgt, landet er ungewollt im “Grid”, jener Computerwelt, die sein Vater schuf und die diesen seit Jahren gefangen hält.
Die Handlung ist auch diesmal kaum die größte Stärke des Films. Sie gestaltet sich zwar nachvollziehbarer als beim Vorgänger, dennoch werden die wenigsten Zuschauer nach dem Abspann in der Lage sein, den Film schlüssig zusammen zu fassen.
Es ist auch zweifelhaft, ob es die Mühe wert wäre. Tron: Legacy bedient sich einiger Dei Ex Machina, von denen mindestens einer auch eventuellen weiteren Teilen nachhängen wird. Wenn eine Fortsetzung nach so langer Zeit mit einem löchrigen Drehbuch daherkommt, muss sie sich die Frage gefallen lassen, warum ausgerechnet am erzählerischen Feinschliff gespart wurde.
Der größte Kritikpunkt ist dennoch, wie leider zu erwarten war, Jeff Bridges. Als altgewordener Kevin Flynn regiert er souverän-süffisant über den ihm verbliebenen Teil der Computerwelt. Ihm gegenüber steht Clu, sein Computer-alter-ego, das mittels CGI aussehen soll wie der junge Kevin Flynn. Die Künstlichkeit des Computergesichts stört nicht, schließlich handelt es sich um ein Computerprogramm.
Leider wird der verjüngte Flynn jedoch auch in einer Szene in der realen Welt gezeigt, und hier reißt die Künstlichkeit den Zuschauer aus dem Film. Da es sich um eine frühe Szene handelt, wäre der Fehler eigentlich verzeihlich, doch da Clu bis zum Ende dabei bleibt, gerät der negative Eindruck nie ganz in Vergessenheit.
Doch Tron: Legacy will vor allem unterhalten, sein Publikum ins Staunen versetzen. Und diese Rechnung geht auf.
Fans von James Cameron mögen aufschreien, doch Tron: Legacy entführte mich in eine fremde Welt, wie kein Film seit Blade Runner.
Das Grid verbindet die klaren, symmetrischen Linien moderner Bürogebäude mit den knalligen Neonfarben der 80er Jahre zu einer simpel erscheinenden Architektur, die ihre Komplexität erst nach und nach offenbart.
Die Bilder wären jedoch wenig wert ohne den Soundtrack. Die Musik von Daft Punk führt die Synthese aus Alt- und Neuzeit perfekt fort und komplettiert die einzigartige, dichte Atmosphäre.
Tron: Legacy ist ein Film, den es gar nicht geben dürfte. Sein Vorgänger war ein rein technischer Meilenstein der Filmgeschichte und wurde als solcher imitiert, überholt und schließlich irrelevant. Und auch die Welt der Computer hat sich bis zur Unkenntlichkeit weiter entwickelt.
Die Fortsetzung erzählt vom Vermächtnis, das ein Vater an seinen Sohn weiter gibt. Das kann man durchaus metaphorisch verstehen, und auch in der Realität des Films entbrennt der Streit um das, ahem, Tron-Erbe gleich auf mehreren Ebenen.
Einen größeren Gefallen tut man sich aber, indem man sich entspannt zurücklehnt und den Film einfach als das wirken lässt, was er ist: ein audiovisuelles Erlebnis der Extraklasse.
Felix “Flex” Dencker