Originaltitel: The Wild
USA, 2006
Findet Ryan
Erfolgreiche Animationsfilme und ihre direkten Nachfolger: Auf Antz folgte Das große Krabbeln, auf Findet Nemo umgehend Shark Tale. Nach den Insekten und den Meeresbewohnern bekommen jetzt auch die Zootiere aus Madagascar ihr Plagiat: Tierisch Wild aus dem Hause Disney. Die einzig gute Nachricht: In Anbetracht von Tierich Wild wirkt Madagascar nur noch halb so schlecht.
Der Löwe Samson ist die Hauptattraktion im New Yorker Zoo - und ein begnadeter Geschichtenerzähler. In schillernden Farben schwärmt er jeden Tag von seinem einstigen, abenteuerlichen Leben in der Wildnis. Sein Sohn Ryan kann diese heldenhaften Geschichten über die Macht des Löwengebrülls allesamt nicht mehr hören, weil er selbst brüllt wie ein ängstliches Mädchen. Er beschließt, mit den mysteriösen grünen Containern in die Wildnis zu fliehen, weil er glaubt im Angesicht der gefährlichen Tiere dort richtig brüllen zu lernen. Natürlich beschließen Löwe Samson und diverse andere illustre Zootiere, den kleinen Nemo… eh, Ryan zu retten.
Alles in Tierisch Wild ist geklaut, und das nichtmal gut: Die Figuren kennt man in vertauschten Rollen aus Madagascar, die Geschichte hat Disney selbst mit Findet Nemo schon einmal erzählt. Das Presseheft zum Film rechtfertigt diesen wilden Ideenklau folgendermaßen: “Die Geschichte kommt Ihnen bekannt vor? Na und? Ähnliche Geschichten werden im Filmgeschäft immer wieder erzählt und der Erfolg wird nicht beeinträchtigt.”
Sehr richtig: Animationsfilme für Kinder sind eine Goldgrube, dem darf man durchaus zustimmen, und ich möchte mich auch herzlich bei Disney bedanken, dass sie aus ihrer Geldmacherei keinen Hehl machen, aber das ändert leider alles nichts an der Tatsache, dass Tierisch Wild der wohl mit Abstand schlechteste groß budgetierte Animationsfilm aller Zeiten ist.
Allein der Konflikt des Löwenkindes Ryan, der den ganzen Tag heulend auf seinem Baum liegt weil er nicht richtig brüllen kann, ist bestenfalls als unverhältnismäßig zu bezeichnen - schlimmstenfalls als völlig idiotisch - stellt jedoch in keinem Fall eine ausreichende Basis dar, um eine interessante Geschichte zu erzählen. Es folgt eine vorhersehbare Schema-F-Reise durch die Kanalisation an den Hafen und schließlich in “die Wildnis”, die so einfallslos und uninspiriert daherkommt, dass selbst bei den anspruchslosesten Zuschauern der genervte Blick auf die Uhr nicht ausbleiben wird. Darüber hinaus ist es fast ärgerlich, dass einmal mehr ein Coldplay-Song (“Clocks”) dafür herhalten muss, um in einer oberflächlichen Geschichte Tiefgang zu suggerieren. Einzig und allein Janeane Garafalo, die der Giraffe Bridget ihre Stimme leiht, ist für einige wenige Lacher gut. Davon, dass diese allerdings die Synchronisation durch Deutschkomödiantin Mirja Boes überleben werden, ist nicht auszugehen.
Um dem ganzen Unsinn die Krone aufzusetzen, folgt eine selbstverständlich noch nie da gewesene Moralpredigt, die den Zuschauer nach 80 quälend langweiligen Minuten wieder in die Freiheit entlässt.
Liebe Disney Company, bitte fangen Sie wieder an, die Kinder dieser Welt ernst zu nehmen.
Christian “vogel” Simon