USA, 2009
Visiönchen des Schreckens
Casey Bell (Odette Yustman) hat ein Problem: Sie träumt schlecht, von einem einsamen Handschuh und einem bleichgesichtigen Jungen. Ach ja - ein seltsamer Hund kommt auch immer mal wieder vor.
Nachdem sich eine ihrer Pupillen verfärbt und zu den Alpträumen auch noch Geistervisionen hinzukommen, erkennt Casey verdächtige Gemeinsamkeiten zum Gesundheitszustand ihrer verstorbenen Mutter. Ratzfatz wird die eigene Familiengeschichte aufgerollt, der Ursprung des Fluchs im Deutschland der Dreißiger Jahre mitsamt okkulter Zwillingsexperimente der Nazis gefunden und gemeinsam mit einem Rabbiner namens Sendak (Gary Oldman) zum Exorzismus geblasen.
Und das ist bitte wörtlich zu nehmen: Der sichtlich konsternierte Oldman bläst vor dem konfusen Austreibungsritual nämlich allen Ernstes noch in ein mythisches Kabbala-Horn - nur eine der unzähligen unfreiwillig komischen Szenen in David Goyers neuestem Streich. Der Mann ist ein Phänomen, das in der Filmwelt seinesgleichen sucht: Ein gefragter Drehbuchautor, der seine unbestreitbaren Fähigkeiten u.a. bei den beiden Batman-Filmen von Christopher Nolan unter Beweis gestellt hat, der es aber nicht schafft, auch nur ein anständiges Skript für seine eigenen Regiearbeiten (u.a. Blade: Trinity, The Invisible) zu fabrizieren. The Unborn strotzt nur so vor Versatzstücken aus der Horror-Filmgeschichte und bedient sich freimütig an Klassikern wie Das Omen, Der Exorzist und Rosemarys Baby sowie an dem einen oder anderen Prunkstück der Asia-Gruselwelle. Aber schlecht Klauen alleine reicht nun mal nicht. Irgendjemand sieht aus dem Fenster und erspät einen bös dreinblickenden, weiß-geschminkten Buben; Die Protagonistin sieht gar Schreckliches in allen möglichen Spiegeln usw. usf. - die sich ständig wiederholenden Elemente sorgen für gepflegte Langeweile. Dazwischen gibts ein paar verzerrte Gesichter in verwackelten Visiönchen sowie einige bescheidene CGI-Tricks. Gänsehaut? Komplette Fehlanzeige.Spannung kann ohnehin nie aufkommen: Goyer verzichtet zum einen völlig darauf, seine einfach gestrickten Charaktere anständig einzuführen. Zum anderen sind nach einer knappen halben Stunde keine Fragen mehr offen - die zum Schreien dämliche Ursprungsgeschichte wird bis ins kleinste, noch so haarsträubende Detail erläutert. Ob Goyer mit seiner lachhaften Schlusspointe Wiedergutmachung betreiben wollte? Ob der grauenhafte Schnitt inklusive Anschlussfehler ein innovatives neues Stilmittel darstellt? Ob Oldman seine Schauspielkarriere an den Nagel hängt, um professioneller Alphornbläser zu werden?
Die schauspielerischen Qualitäten von Cam Gigandet, der 80 Minuten No-Acting und 5 Minuten Over-Acting betreibt, waren zudem ganz offensichtlich Vorbild für die übrigen Darsteller. Cloverfield-Schönheit Odette Yustman läuft entweder in Unterwäsche rum, schaut verdutzt oder schreit. Meagan Good scheint selbst mit der unsäglich dümmlichen Beste-Freundin-mit-der-großen-Klappe-Rolle noch überfordert und bei Oldman hat man als Zuseher wirklich das Gefühl, dass er nicht recht wusste, wie und wo er da reingeraten ist.
Fazit: The Unborn ist der mit Abstand beste Scary-Movie-Teil von allen.
Michael “Eminence” Reisner