USA, 2006
Kinostart: 15.08.2006
24 mit Klimaanlage
In 141 Jahren hat es im Secret Service noch nie einen Verräter gegeben - bis jetzt.
Ein Anschlag auf Us-Präsident Ballentine (David Rasche) steht bevor, und der legendäre Agent Pete Garrison (Michael Douglas) gerät in den Verdacht, ein Maulwurf zu sein. Um sein Verhältnis mit der First Lady (Kim Basinger) zu verschleiern, log er bei einem Lügendetektor-Test und sieht sich nun gezwungen, unterzutauchen.
Verfolgt wird er von Agent David Breckinridge (Kiefer Sutherland) und dessen frischgebackener Partnerin Jill Marin (Eva Longoria). Breckinridge steht vor einer schweren Entscheidung: Glaubt er seinem ehemaligen Mentor, auch wenn alle Beweise gegen ihn sprechen? Und wenn ja, wer ist dann der Maulwurf?
The Sentinel plagt ein fast schon deutsches Problem: Warum soll ich 9 Euro an der Kinokasse bezahlen, wenn ich die Darsteller ständig kostenlos im Tv serviert bekomme?
Der Film bietet kaum Antworten, denn er übersteigt zu keiner Zeit das Niveau einer durchschnittlichen Folge The Shield oder 24. Im Gegenteil, während in derartigen Serien die Figuren über Wochen oder Monate hinweg entwickelt werden, kommt hier niemand über den Status eines wandelnden Klischees hinaus. Michael Douglas bringt die gestresste Persönlichkeit am Rande des Abgrunds, die er in gut 50% seiner Filme spielt, in den ausgelatschten Part des Mannes ein, der abtauchen muss, um seine Unschuld zu beweisen. Derartige Rollen beherrscht er inzwischen im Schlaf, und genauso spielt er sie auch. Breckinridge mag theoretisch eine völlig anders angelegte Bundesagentenrolle sein als die des Jack Bauer, doch wenn Sutherland, die Pistole im Anschlag, seine Befehle bellt, sieht der domestizierte Tv-Zuschauer trotzdem den 24-Helden auf der Leinwand.
Desperate Housewives-Star Eva Longoria scheitert als Breckinridges Junior-Partnerin ohne eigenes Verschulden an der Redundanz ihrer Rolle. Sie gibt sich redlich Mühe, doch so angenehm sie auch in ihrem Hosenanzug anzusehen ist, ihre einzige Aufgabe bleibt, den beiden Hauptdarstellern nicht im Weg zu stehen. Auch Kim Basinger und David Rasche schrammen als Randfiguren nur knapp an der Bedeutungslosigkeit vorbei. Basinger hat zu wenig Zeit vor der Kamera, als dass das Publikum eine Bindung zu ihr aufbauen könnte. Dass sie permanent traurig dreinblickt, hilft nicht. Rasche, einigen bestimmt als Sledge Hammer aus der gleichnamigen Tv-Serie bekannt, besitzt nach wie vor das Charisma eines knuddeligen Teddybären. In Verbindung mit den nichtssagenden Phrasen, die er als Präsident von sich gibt, verkommt er zum MacGuffin. Mir persönlich ist es ein Rätsel, warum es gegen ihn zu Protestaktionen oder Anschlägen kommen sollte.
So reizlos die Besetzung auch sein mag, das Drehbuch ist es, was den Film zu Fall bringt. Vor allem im letzten Drittel wird die Handlung zunehmend unplausibel - es scheint, als sei sie im Schneideraum stark gerafft worden. Vor allem das Ende bleibt vage und auf persönlicher Ebene unbefriedigend. In erster Linie aber fehlt The Sentinel ein Bestandteil, ohne den kein Thriller auskommen sollte: Spannung.
Wildes Herumgerenne und verbissene Blicke schaffen per se nun mal keine echte Spannung, egal wie bedrohlich die Musik auftönt. Was Garfield-Komponist Christophe Beck hier verfasst hat, ist gleichzeitig aufdringlich und banal.
Das soll aber nicht bedeuten, dass nichts für den Kauf einer Kinokarte spricht: Kinos sind in aller Regel klimatisiert, die meisten Leinwände sind größer als die meisten Fernseher und der Werbung kann man aus dem Weg gehen, indem man zu spät kommt.
Felix “Flex” Dencker