Originaltitel: The Descendants
USA, 2011

Kinostart: 26.01.2012

Immobilienanwalt Matt King ist gerade mit einem großen und bedeutenden Grundstücksgeschäft in seiner Heimat Hawaii beschäftigt, als seine Frau nach einem schweren Unfall ins Koma fällt. Die Diagnose: sie wird nicht mehr aufwachen.
Während Matt die Inseln abklappert, um Freunden und Verwandten die traurige Nachricht zu überbringen, muss er nicht nur weiter arbeiten, sondern sich auch um seine beiden Töchter kümmern, die mit ihrem ständig arbeitenden Vater so wenig zurecht kommen, wie er mit ihnen.

Sieben Jahre nach Sideways legt Alexander Payne es auch mit seinem neuen Film nicht darauf an, eine epische Geschichte zu erzählen. Stattdessen zelebriert er die kleinen und großen Momente, die unserem Leben seine Richtung geben. The Descendants beschäftigt sich mit Themen wie Familie und Verantwortung, Heranwachsen und Altwerden, Liebe und Verlust. Im Grunde geht es jedoch um dasselbe wie in Sideways oder auch About Schmidt: einen unvollkommenen Mann auf der verspäteten Suche nach sich selbst.
George Clooney spielt den heillos überforderten Matt ohne erkennbares Selbstbewusstsein. Mit angegrauten Haaren und hängenden Schultern überzeugt er als Workoholic, dessen Leben plötzlich auf den Kopf gestellt wird.
Dabei kann er sich auf hochkarätige Nebendarsteller stützen. Die kleineren Rollen wurden mit einer Reihe interessanter Namen bestückt, die ich hier nicht vorweg nehmen möchte. Nicht unerwähnt bleiben sollen jedoch Shailene Woodley und Amara Miller, die Matts Töchter spielen. Die erfahrene Tv-Darstellerin Woodley gefällt als Teenagerin, die zwar ihre Launen hat, dabei aber nicht so unmenschlich wird, wie 17-jährige Mädchen in Filmen oft portraitiert werden. Miller, die hier ihr Debut gibt, ist die meiste Zeit ein quirlig-süßes Anhängsel, überzeugt im entscheidenden Moment jedoch auch emotional.

Payne, der mit seinem Drehbuch den Roman von Kaui Hart Hemmings adaptierte, widersteht dem Drang, Hawaii in den üblichen Postkartenbildern zu zeichnen. Hier und da gibt es traumhaft schöne Ausblicke - dies ist kaum zu vermeiden - doch Payne interessiert sich mehr für seine Charaktere, als für das Drumherum. Er durchzieht die tragische Geschichte mit genau der richtigen Menge an leisem, oft skurrilem Humor, der auch die schweren Momente des Films leicht verdaulich hält.

Schade ist, dass das Übermaß an Preisen und Nominierungen viele Leute mit zu hohen Erwartungen ins Kino schicken wird. The Descendants ist kein Film der großen Emotionen und noch größeren Lösungen für die Probleme der Welt. Einige Fragen werden beantwortet, andere erst einmal verschoben, und wieder andere werden niemals beantwortet werden.
Doch auch wenn er das Rad nicht neu erfindet, ist The Descendants ein amüsanter, sympathischer kleiner Film, der zum Nachdenken und zum Mitfühlen anregt und eine Empfehlung rundum verdient hat.

Felix Flex” Dencker