Originaltitel: The Da Vinci Code
USA, 2005
Kinostart: 18.05.2006
Der an der renommierten Harvard Universität lehrende Symbologe Robert Langdon (Tom Hanks) wird während eines beruflichen Aufenthalts in Paris in den Louvre gerufen. Der dortige Museumsdirektor Jacques Sauniere (Jean-Pierre Marielle) wurde ermordet in seiner Wirkungsstätte aufgefunden, die Körperhaltung seiner Leiche entspricht der des “Vitruvischen Mannes” von Leonardo Da Vinci und auch sonst findet sich eine Vielzahl an mysteriösen Hinweisen am Schauplatz des Verbrechens.
Die neben dem missmutigen Capitaine Bezu Fache (Jean Reno) am Tatort verweilende Polizei-Kryptografin Sophie Neveu (Audrey Tautou), verrät dem verblüfften Langdon, dass er nur deshalb hinzugezogen wurde, da er selbst der Hauptverdächtige in diesem Mordfall sei. Gemeinsam schaffen sie es, die Polizei zu überlisten und sich den geheimnisvollen Botschaften in verschiedenen Kunstwerken Leonardo Da Vincis zu widmen, auf deren Spur sie Sauniere gebracht hat. Die anschließende Flucht aus dem Louvre ist der Beginn einer wahnwitzigen Schnitzeljagd quer durch Europa, deren erstaunliche Erkenntnisse die Kirchengeschichte in einem völlig anderen Licht erscheinen lassen und Millionen Menschen die Augen öffnen würden…
Dan Browns Sakrileg gehört mit ca. 50 Millionen Exemplaren zu den bestverkauften Romanen aller Zeiten. Sein leicht lesbarer, spannender Schreibstil und vor allem seine kontroversen — für die römisch katholische Kirche sogar blasphemischen — historischen Theorien, brachten sowohl dem Buch als auch dem Film weltweite Publicity. Wie viel Wahrheit nun in Browns Geschichte steckt, sollen die Historiker und Verschwörungstheoretiker dieser Welt klären. Kino- aber auch Buchfans interessiert vielmehr die filmische Umsetzung durch den Oscar-geadelten Regisseur Ron Howard und dessen Erfolgsteam hinter A Beautiful Mind, Produzent Brian Grazer und Drehbuchautor Akiva Goldsman. Die Inszenierung geriet weitgehend seelenlos, glatt und ohne erkennbare Handschrift.
Das unrhythmische Herunterspulen der handlungsimmanenten Schlüsselstellen lässt trotz einer Vielzahl an überraschenden Wendungen nur selten echte Spannung aufkommen. Die fehlende Ambition, eine eigenständige filmische Identität abseits vom bloßen Reproduzieren der literarischen Vorlage zu kreieren, schlägt sich am deutlichsten in den geschwätzigen und zumeist schlicht langweiligen Lehrminuten nieder. Die große Stärke des Buches ist es, historische Geschehnisse so kompakt, anschaulich und spannend zu vermitteln, dass sich auch der geschichtlich wenig interessierte Teil der Leserschaft gut unterhalten und ausreichend informiert zugleich fühlt. Auf der Leinwand versucht Howard, dieser Vermittlungstätigkeit mit einer Vielzahl an Schauwerten Nachdruck zu verleihen und das Publikum damit bei der Stange zu halten. Leider funktioniert dies nur selten, zu aufdringlich verbinden sich die gar schrecklich pathetische Musik von Hans Zimmer mit den immergleichen Kamerafahrten von Salvatore Totino
(Das Comeback) zu einer nicht enden wollenden Ansammlung von Momenten aufgesetzter Dramatik. Einzig die visuell ansprechenden Rückblicke auf vergangene Epochen, sowie die beeindruckenden Kulissen und Originalschauplätze in Paris und London bleiben im Gedächtnis.
Auch das prominente Ensemble schafft es nicht, aus The Da Vinci Code — Sakrileg mehr als eine unoriginelle Fließbandproduktion zu machen. Als veritable Fehlbesetzung zeigt sich leider Audrey Tautou (Die fabelhafte Welt der Amelie), die es — mit tatkräftiger Unterstützung des Drehbuchs — schafft, aus der selbstbewussten und intelligenten Sophie Neveu ein rehäugiges, zerbrechliches Wesen zu machen, das vornehmlich als Stichwortgeber für Tom Hanks herhalten muss. Dieser spielt den Hauptpart des Robert Langdon im Übrigen erschreckend lustlos und ist meilenweit vom spitzbübischen Charme der Romanfigur entfernt. Damit stößt er in dieselbe Kerbe wie der völlig unterforderte Alfred Molina als Bischof Aringarosa und der verkrampft wirkende Jean Reno. Als Lichtgestalt entpuppt sich Altmeister Ian McKellen (X-Men: Der letzte Widerstand), der mit jeder Menge Gusto den einnehmenden Charakter Sir Leigh Teabing zum Besten gibt. Auch Paul Bettany, der zuletzt Harrison Ford in Firewall die Schau stahl, liefert eine überzeugende Darstellung des hünenhaften Albinos Silas ab. Zu schade nur, dass dessen interessante Vorgeschichte in einem Mini-Rückblick abgehandelt wird, der wenig überzeugend die Motive des schmerzhaft gläubigen Killers erklären soll. Es in über 150 Minuten Laufzeit nicht zu schaffen, einen solch präsenten Charakter nachhaltiger und mit anderen Mitteln einzuführen als mit bloßen Oberflächlichkeiten wie der bereits im Trailer ersichtlichen Selbstgeißelung, zeugt exemplarisch von der Misere der Gesamtproduktion: “Style over Substance” in Reinkultur.
Fazit: The Da Vinci Code — Sakrileg mag sich zwar streng an die literarische Vorlage von Dan Brown halten, enttäuscht als Film aber auf ganzer Linie. Regisseur Ron Howard konzentriert sich hauptsächlich auf die visuelle Umsetzung und vergisst dabei seine Charaktere, die mit Ausnahme von Ian McKellen zu müden Abziehbildern ihrer Romanvorbilder verkommen. Das Ergebnis ist leidlich spannendes, uninspiriertes Hollywoodkino zum Abgewöhnen.
Michael “Eminence” Reisner