USA, 2013
Kinostart: 20.06.2013
Und nochmal, mit wenig Gefühl
Es ist mal wieder an der Zeit, zu erzählen, wie das Baby Kal-El kurz vor der Zerstörung seines Heimatplaneten Krypton auf die Erde kam und durch die Kraft unserer gelben Sonne zum unzerstörbaren Helden Superman heranwuchs.
Dem Gähnen, das die Aussicht auf eine weitere Wiederholung der immer gleichen Geschichte gemeinhin auslöst, begegnet Man of Steel auf zweierlei Weise. Der neue Film zeigt den Planeten Krypton ausführlicher als seine Vorgänger und führt dem Publikum damit erstmals vor Augen, dass bei dessen Zerstörung überhaupt etwas wertvolles verloren ging. Im Zentrum dieser Szenen steht Kal-Els Vater Jor-El, gespielt von Russell Crowe als kampfstarker Wissenschaftler in Gladiator-Rüstung. Gut 20 Filmminuten bleiben ihm, um die futuristische Technik Kryptons vorzuführen und den abtrünnigen General Zod in Sicherheit zu bringen.
Doch natürlich ist es nicht der Anblick kryptonischer Auen, der das Millionenpublikum in die Säle locken soll. Die Trailer versprechen ein Actionspektakel der Sonderklasse und, man glaubt es kaum, der Film hält dieses Versprechen.
Das Herz von Regisseur Zack Snyder schlägt keineswegs für die simplen Dialogszenen, die so verwackelt eingefangen werden, dass mancher Zuschauer mit Tennis-Nacken aus dem Kino kommen wird. Doch wenn es rummst, dann rummst es gewaltig. Die zahlreichen Actionsequenzen geraten bildgewaltig und packend, so dass Freunde des gepflegten Spektakels wenig Grund zur Klage finden sollten.
Zu einem Superman-Film gehören allerdings nicht nur die Schauwerte der Flug- und Actionszenen, sondern auch berstende Logiklöcher. Stellvertretend sei genannt, dass Kal-El, gewöhnt an die Erd-Atmosphäre, von der Atemluft im kryptonischen Schiff bewusstlos wird, während ihm das Fliegen durchs All keine Mühe bereitet.
Das Drehbuch ist ohnehin keine Stärke des Films. Man of Steel verbringt eine Menge Zeit mit Supermans Vätern - neben Jor-El kommt auch Jonathan Kent zum Zug, Clarks irdischer Ziehvater, den Kevin Costner mit Zen-artiger Ruhe verkörpert.
Doch weder die beiden, noch ihr Sohnemann werden zu mehr als Abziehbildern. Man of Steel ist die Geschichte eines jungen Mannes, der vielfältigste Einflüsse in sich vereint und doch vor allem gelernt hat, niemanden an sich heranzulassen. Den Versuchen des Us-Militärs, ihn festzunehmen, begegnet er mit süffisantem Lächeln, dem bösen General Zod mit steinerner Miene. Darüber hinaus halten sich die Emotionen in Grenzen. Selbst der finale Konflikt, bei dem Superman sich zwischen seinen Werten und der Notwendigkeit der Situation entscheiden muss, geschieht intern und wirkt dadurch nicht ganz verdient. Henry Cavill besitzt fraglos die nötige Physis für die fliegende Us-Flagge, die Entfaltung eventuell vorhandenen darstellerischen Talents muss auf die Fortsetzung warten.
Man of Steel ist genau der Film geworden, den Warner Bros. machen musste: unterhaltsames Actionkino, das Superman wieder ins kollektive Bewusstsein holt und den Weg für weitere Dc-Comicverfilmungen ebnet.
Die massiven Drehbuchschwächen lassen sich zwar nicht leugnen, die eindrucksvollen Schauwerte jedoch ebenso wenig. Als Sommer-Blockbuster ist Man of Steel auch ohne erzählerische Finesse ein voller Erfolg.
Felix “Flex” Dencker