Schweden, 2005
Bei einer nächtlichen Taxifahrt durchs sturmgepeitschte Stockholm macht der zynische Partytiger und freiberufliche Lifestyle-Journalist Donny Davidsson die Bekanntschaft einer geheimnisvollen Frau. Die athletische “Promise” befindet sich auf der Flucht vor düsteren Gestalten, vor allem aber deren Anführer, dem sie einen mysteriösen Würfel gestohlen hat. Dieser soll etwas ungeheuer Wertvolles enthalten, lässt sich aber nicht öffnen. Kaum hat “Dd” den weißen Quader an sich genommen, reißt es ihn in einen furiosen Albtraum aus Mord und Magie. Gejagt von Polizei und den finsteren Häschern findet Donnie allmählich heraus, dass der Schlüssel zu der Box in den verdrängten Erinnerungen seiner Kindheit verborgen liegt. Und dass die Grenzen seiner Wirklichkeit eingerissen werden müssen, um diese Erinnerungen wachzurütteln.
Es liegt im Ermessen der Genrefans, was man von guter Mystery erwarten darf. Meine Meinung: Den Zuschauer zum Denken anzuregen, ist löblich. Ihn dazu zu zwingen, vertretbar. Sich einen Dreck um Schlüssigkeit zu scheren und auf vage Andeutungen zu beschränken, anstatt wenigstens in Teilbereichen eine konkrete Auflösung zu artikulieren, ist schlichtweg frustrierend. Klar, Expositionen wirken schnell aufgesetzt und wirklichkeitsfern. Und eine intuitive Interpretation hat auch ihre Vorzüge. In erster Linie erzählen Filme aber immer noch Geschichten, und was diesen Aspekt betrifft, versagt Storm leider kläglich.
Ein wenig erinnert der Film an Wächter der Nacht. Erneut ein epischer Konflikt zwischen Gut und Böse, der handwerklich sehr ansprechend in Szene gesetzt wurde, dabei aber drastische Mängel im Storytelling aufweist. Anscheinend zielte man darauf ab, ein Publikum zu begeistern, das auf eine schlüssige Erzählung zu verzichten bereit ist, solange nur die Inszenierung überzeugt. Oder das unter Ads leidet.
Natürlich lassen sich einige Andeutungen miteinander zu einer naheliegenden Lösung verknüpfen. Leider offenbart diese, wenn man sie auf den Film anzuwenden versucht, eine Menge an kleinen bis mittelgroßen Logikfehlern. Die Frage nach dem “Warum” wird jedenfalls zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar beantwortet. Es wirkt fast so, als wollten Måns Mårlind und Björn Stein einen Kultfilm schaffen, indem sie ehemals innovative Elemente kopierten, ohne deren Sinn zu erfassen. Dass die Darsteller eine zufrieden stellende Vorstellung abgeben, kann darüber leider nicht hinwegtäuschen. Genauso wie die Referenzen an Matrix, Donnie Darko und Co. Eher bemüht als unterhaltsam wirken.
Zu dem wiederkehrenden “Warum das denn?” gesellt sich ein weiteres, recht unangenehmes Detail: Der Film bewegt sich moralisch auf sehr dünnem Eis. So wird schlussendlich suggeriert, dass es verzeihlich ist, Grausamkeiten begangen zu haben, wenn man selbst Opfer eines traumatischen Erlebnisses war. Darüber ließe sich noch diskutieren. Leider scheint es keinerlei Rolle zu spielen, dass der Protagonist seine Taten nicht bereut. Sicher, er stottert ein wenig, überwältigt von der Wucht der Erinnerung, aber angesichts dessen, was er den Menschen in seiner Nähe antat, scheint mir das ein bisschen wenig. Wenn schon episch, dann auch mit Theatralik. Und wenn man den Protagonist zu Beginn aus dem Off Personen und Geschehen zynisch kommentieren lässt, könnte man das strittige Stilmittel auch bei ernsten Szenen nutzbringend einsetzen.
So bleibt am Ende einer 120-minütigen Nacht nur der Nachhall gekonnt inszenierter Atmosphäre als wärmender Mantel für inhaltliches Chaos ohne solide Basis für emotionalen Bezug. Und so verweht Storm seine eigenen, sicher gut gemeinten Ansichten über Schuld und Vergeltung in einem belanglosen, wirren Effektgewitter.
Tom Maurer