Originaltitel: Mirror Mirror
USA, 2012
Nun rollt sie los, die kleine Welle von Schneewittchen-Verfilmungen, die eine große Welle weiterer Märchen-Adaptionen nach sich ziehen soll. Spieglein Spieglein ist die komödiantische Interpretation des Märchens, bevor im Mai mit Snow White and the Huntsman die actionreiche folgt.
Die Geschichte ist im Großen und Ganzen bekannt. Eine eifersüchtige Königin verbannt ihre hübsche Stieftochter in einen finsteren Wald. Dort trifft das junge Mädchen eine Bande von Zwergen, die ihr Unterschlupf gewähren, bis sie von ihrem Märchenprinzen erlöst wird.
Spieglein Spieglein ist für alle Altersgruppen gedacht, daher wird das blutrünstige Ende ebenso ausgespart wie die Episode mit dem Apfel, was der Geschichte den Beigeschmack der Nekrophilie erspart. Der Prinz (Armie Hammer) verkommt damit zum unwichtigen Spielball zwischen der Königin (Julia Roberts) und Schneewittchen (Lily Collins), doch auch dies ist in einer Komödie verzeihlich. Schwerer zu übersehen ist, dass nur ein Teil der Witze zündet. Regisseur Tarsem Singh ist eher für opulente Optik als erzählerische Finesse bekannt, und Spieglein Spieglein wird daran nur wenig ändern. Trotz mancher Blindgänger bleibt der Film die meiste Zeit über vergnüglich und ist somit sicher keine Zeitverschwendung. Nur hatte im entscheidenden Moment oftmals das Visuelle Vorrang vor perfektem Timing.
Kurioserweise gerät auch die Optik selbst zwiespältig. Das Design der Bauten und Kostüme ist farbenfroh und üppig, doch die Sets, auf denen gedreht wurde, waren offensichtlich winzig und wirken nie wie echte Orte. Dies gipfelt in einer Hochzeitsszene, in der sich kreativ-bizarr gekleidete Gestalten auf einem mikroskopischen Hofplatz versammeln und dabei wie eine überambitionierte Theatertruppe aussehen, die auf dem Weg zur örtlichen Vorschule die falsche Ausfahrt genommen hat.
Spieglein Spieglein fühlt sich mit seinem kleingehaltenen Pomp nach etwas zu viel Aufwand für etwas zu wenig Erfolg an, ist aber unterm Strich amüsant genug, um als reizvollster Neustart der Woche ins Rennen zu gehen.
Felix “Flex” Dencker