Originaltitel: Låt den rätte komma in
Schweden, 2008
Kinostart: 23.12.2008
Der 12 Jahre alte Oskar (Kåre Hedebrant) hat nicht nur unter der Trennung seiner Eltern zu leiden, auch seine Schulkameraden machen ihm mit ihren ständigen Hänseleien das Leben schwer. Hätte der Außenseiter doch wenigstens einen Freund, mit dem er sich austauschen könnte… Genau diesen bekommt er in einem mysteriösen Mädchen namens Eli (Lina Leandersson), das gerade mit einem älteren Mann in die Nachbarswohnung eingezogen ist. Doch die Kleine ist ein Vampir und ihr ständiger Durst nach frischem Menschenblut bringt auch für Oskar einige Probleme mit sich.
Nachdem Anne Rice in den Neunziger Jahren Vampire als tuffiges Schönlingsvolk etablierte, wurde es im Kino zunehmend still um die Spitzzahnbrigade. Derzeit sieht man sich aber wieder einem regelrechten Boom ausgesetzt, der von Fernsehserien wie Moonlight oder True Blood über Comicverfilmungen wie 30 Days of Night bis hin zu zukünftigen Bestselleradaptionen wie Twilight - Biss zum Morgengrauen reicht. Selbst dem Arthousekino zugeschriebene Regisseure wie Chan-wook Park, der gerade mit der Nachproduktion seines Horrordramas Thirst beschäftigt ist, können sich der Faszination der Blutsauger nicht entziehen. Mit So finster die Nacht kommt nun ein kleiner schwedischer Vertreter in die Kinos, der das Genre zwar nicht völlig neu erfindet, ihm aber doch die eine oder andere frische Facette abgewinnt. Der Grusler ist nämlich mindestens ebenso sehr Coming-of-Age-Drama wie Horrorfilm. Mitunter könnte man sogar von einer Romanze sprechen,
denn Oskar findet in Eli nicht nur eine Freundin, die ihm Verständnis und Selbstvertrauen schenkt, sondern auch so etwas wie die erste Liebe. Die gemeinsamen Szenen der beiden, sei es die zurückhaltende Annäherungsphase oder auch oder auch die zarten Gesten wachsender Zuneigung, zählen - nicht zuletzt wegen der tollen Hauptdarsteller - zu den großen Stärken des Streifens. Eine weitere ist die gekonnte Kamaerarbeit Hoyte vaj Hoytemas, der die schwedische Winterlandschaft in düster-schöne Bilder taucht. Tomas Alfredsons sorgsame Inszenierung setzt auf gekonnten Spannungsaufbau, der ruhige Erzählstil geht glücklicherweise nie in Langeweile über.
Ganz ohne Mankos kommt aber auch So finster die Nacht nicht aus. So hätte ich auf die wenigen humorigen Einlagen ebenso getrost verzichten können wie auf einen computeranimierten Katzenangriff, der gar fürchterliche Erinnerungen an Pitofs Catwoman-Desaster wachrief. Im letzten Drittel wirkt der Plot auch nicht mehr ganz so stringent wie noch zu Beginn, wodurch auch die Stimmung ein wenig flöten geht.
Nichtsdestotrotz ein sehenswerter Film, der Genreelemente geschickt einzusetzen weiß und dabei seine Charaktere nicht vergisst. Das Us-Remake kommt übrigens 2009 - wahrscheinlich ohne die “heiklen” zwischenmenschlichen Momente oder die aufblitzende Bitterkeit des Originals.
Michael “Eminence” Reisner