USA, 2007
Kinostart: 19.04.2007
The Punisher ohne Moral. Oder cooles Shirt.
Wäre es nicht interessant zu wissen, wie zukünftige Generationen auf unsere Zeit zurückblicken werden? Wie mögen unsere heutigen Handlungen im Bezug auf das große Ganze beurteilt werden?
Nun, zumindest in Sachen Filme kann man ruhigen Gewissens eine Schätzung abgeben. Die Traumfabrik geht heute frei nach einer alten Indianerweisheit vor: Erst wenn der letzte Roman verfilmt, die letzte Graphic Novel verwurstet und der obskurste Horrorfilm neu aufgelegt wurde, dann erst werdet Ihr erkennen, dass man sich gute Ideen nicht einfach zusammenklauen kann.
So nimmt sich nun Shooter der Rachefilme der 70er und 80er Jahre an. Die desillusionierte Politikverdrossenheit der Reagan-Ära wurde einmal mehr durch den opportunistischen Zynismus der Bush-Zeit ersetzt, der Handlungsrahmen bleibt jedoch identisch.
Mark Wahlberg spielt den titelgebenden Scharfschützen, der bei einer geheimen Mission in Afrika zurückgelassen wurde und nun gemeinsam mit seinem Hund, diversen Waffen und einem grimmigen Gesichtsausdruck auf einem Berg haust. ls ihn ein Regierungstrupp rund um Danny Glover und Elias Koteas heranzieht, um ein Attentat auf den Präsidenten zu verhindern, lässt er sich einwickeln… und wird prompt erneut verraten. Bald ist er auf der Flucht vor jeder erdenklichen Regierungsbehörde und kann sich nur auf zwei Menschen verlassen - den frisch gebackenen Fbi-Agenten Michael Peña und Kate Mara, die Witwe seines ehemaligen Partners.
Regie führte Antoine Fuqua, dessen King Arthur wenig Anklang fand und der nun einen großen Schritt zurück in Richtung seines knüppelharten Thrillerhits Training Day geht. Spannung, knackige Action und ansprechende Optik sind somit garantiert.
Doch so einfach geht die Rechnung nicht auf. Das Problem liegt zum einen in den Figuren, die zwar durch die Bank solide besetzt wurden, aber nie über die üblichen Stereotype Held wider Willen, idealistischer Sidekick, hilfreiche Schnuckelmaus und eiskalter Verschwörer hinauskommen. Zum anderen gibt Shooter vor, ernsthafte Ambitionen eines Politthrillers zu haben, vermag das simple Rachemotiv jedoch zu keiner Zeit hinter sich zu lassen. Es ist einfach unbedeutend, wer hinter der großen Verschwörung steckt und wer ihr zum Opfer fällt, man hat alles schon hundert mal gehört und gesehen, und das Motiv der Männer in dunklen Anzügen, die in schummrigen Räumen Whiskey trinken, Zigarren rauchen und Pläne über die Weltherrschaft schmieden, lockt beim besten Willen niemand mehr hinterm Ofen hervor.
Fuqua mag ein Gespür dafür haben, die Schusswechsel ansprechend in Szene zu setzen, doch mit der zu Grunde liegenden Motivation hapert es gewaltig. Wenn Wahlberg vier Menschen tötet, nur um einem ehemaligen Attentäter ein “Geheimnis” zu entlocken, das weder ihn noch den Film nach vorne bringt, darf man doch fragen, wie weit es mit der moralischen Überlegenheit her ist.
Shooter wäre gerne Zeuge einer Verschwörung, ist aber doch nur Ein Mann sieht rot. Fans wahlloser Gewaltorgien sowie Waffennarren werden dem Film fraglos einiges abgewinnen können. Der Rest wird sich eher schwer tun, mitzufiebern.
Felix “Flex” Dencker