USA, 2009
Kinostart: 28.01.2010

Es war eine dieser Ankündigungen, die der Fan-Gemeinde kollektive Schauer über den Rücken schicken: Guy Ritchie verfilmt Sherlock Holmes. Ritchie, der zu seinen besten Zeiten Wortgefechte zwischen trotteligen Kleingaunern in kaum verständlichem Cockney-Kauderwelsch inszenierte und dann seine Karriere an den Nagel hängte, um hauptberuflich Ehemann von Madonna zu werden, sollte sich dieser literarischen Legende annehmen?
Die Frage war nicht nur, ob der Film der Vorlage annähernd treu bleiben würde, sondern auch, ob sich Ritchie von seiner eigenen filmischen Vergangenheit würde lösen können.

Die Antwort: Ein überraschendes, doppeltes Ja.

Über die Treue zur Vorlage herrscht wohlgemerkt eine Menge Zwist, unter anderem, da das Bild, das die meisten Menschen heute von Sherlock Holmes haben, von Jeremy Bretts Darstellung des Meisterdetektivs mindestens so stark geprägt wurde wie von den Geschichten selbst. Ritchies Adaption - geschrieben von Michael Robert Johnson, Anthony Peckham und Simon Kinberg - betont die vielschichtige Zerrissenheit der Figur und zeigt Holmes als Mann, der geistig und körperlich zerbricht, wenn er keinen Fall zu lösen hat.
Der Film hält sich nicht mit Exposition auf, sondern geht gleich in die Vollen. In der ersten Szene vereiteln Holmes (Robert Downey Jr.) und Watson (Jude Law) eine schwarze Messe, mittels derer der sinistre Lord Blackwood (Mark Strong) seinem Geheimorden die Macht über England - und dann die Welt - verschaffen will. Der Plan scheitert, und Lord Blackwood wird zum Tode verurteilt. Während Holmes sich daraufhin in seiner Wohnung verschanzt und von Psychotropika ernährt, schickt sich Watson an, aus der Baker Street auszuziehen und ein Leben mit seiner baldigen Verlobten zu beginnen. Die Dynamik zwischen ihm und Holmes pendelt irgendwo zwischen Buddy Movie und verhohlener Romanze, wenn Holmes sichtlich eifersüchtig auf Watsons Verlobte reagiert. Doch mit Irene Adler (Rachel McAdams) bekommt auch er eine Frau an die Seite gestellt, die ihn auf Trab hält.
Die unterhaltsamen Wortgefechte zwischen den mit Gusto aufspielenden Darstellern werden von toll gemachten Actionsequenzen durchzogen, die den Film keine Minute langweilig werden lassen. Auch wenn in Ritchies viktorianischem London jeder Pflasterstein computergeneriert aussieht, strotzt es vor düsterer Atmosphäre. Vor allem die im Bau befindliche Tower Bridge wird zum Dreh- und Angelpunkt des Films, der sich auch inhaltlich den Wandel von einer Zeit voller Magie hin zur wissenschaftlich orientierten Neuzeit zum Thema macht.

Sherlock Holmes ist ein spaßiges Actionabenteuer geworden, das Arthur Conan Doyles Vermächtnis fürs Blockbusterkino aufbereitet, ohne es mit Füßen zu treten. Teil 2 darf gerne kommen.

Felix Flex” Dencker