USA, GB, 2010
Kinostart: 13.05.2010
Helden in Kettenhemden
Frankreich, Ende des 12. Jahrhunderts.
Auf der Rückkehr vom erfolglosen dritten Kreuzzug zieht König Richard Löwenherz brandschatzend durchs Land. Als er von einem feindlichen Pfeil niedergestreckt wird, lassen der Bogenschütze Robin Longstride und einige seiner Kameraden den Krieg hinter sich und machen sich auf den Weg in die englische Heimat.
Dort kommt Robin beim Vater des gefallenen Robert Loxley unter und verliebt sich in Roberts Witwe Marion.
Gemeinsam stellen sie sich gegen Richards Bruder John, der jeden Penny aus der verarmten Bevölkerung presst, um die leeren Staatskassen aufzufüllen. An seiner Seite steht der Verräter Godfrey, der John immer weiter anstachelt, um England zu entzweien. Als der König von Frankreich sich zum Angriff bereit macht, liegt die Zukunft ganz Englands in Robins Händen.
Ridley Scotts Robin Hood fungiert als Prequel der bekannten Legende und erzählt, wie Robin und Co. an den Punkt gelangten, an dem andere Robin-Hood-Filme erst beginnen.
Das beschert dem Publikum interessante neue Einblicke in die Figuren, wird jedoch für lange Gesichter bei jenen Zuschauern sorgen, die mit der Erwartung ins Kino gehen, die liebgewonnene Geschichte in modernem Gewand zu erleben. Wer sich damit anfreunden kann, dass der Film dort endet, wo es traditionellerweise erst richtig losgeht, bekommt einiges geboten. Allem voran eine vorzügliche Besetzung.
Neben Russell Crowe und Cate Blanchett als Robin und Marion tut sich Mark Strong als Godfrey hervor, während sich Oscar Isaac als John in angemessenem Overacting übt. Mark Addy als Bruder Tuck und Kevin Durand als Little John gefallen, kriegen jedoch wenig zu tun. Nicht zuletzt dieser beiden wegen wünscht man sich eine Fortsetzung, die den “Merry Men” mehr Zeit einräumt.
Matthew McFayden verkommt als Sheriff von Nottingham interessanterweise zur Randfigur. “Interessanterweise” deshalb, da der Film in einer früheren Drehbuchfassung den Sheriff in den Mittelpunkt stellte und ihm gar den Titel widmete.
Die massiven Überarbeitungen des Drehbuchs sind dem finalen Produkt leider durchaus anzumerken. Neben einigen Timing-Problemen, die für so manche Länge sorgen, kommt die Geschichte mittels einiger zum Teil unwahrscheinlicher Zufälle vorwärts, die einer besseren Erklärung bedurft hätten.
Für die Figuren gilt dies jedoch nicht. Im Vergleich zu König der Diebe und Co. besitzen Scotts Charaktere so reichhaltige und interessante Facetten, dass man sich umso mehr wünscht, sie in dem Teil der Geschichte zu erleben, der die Legende so langlebig, so faszinierend machte.
Robin Hood zeigt Robin Hood, wie man ihn noch nie zuvor gesehen hat. Die Figuren sind spannend, die Darsteller toll, und Ridley Scott weiß, wie man Schlachten packend einfängt. Trotzdem - oder gerade deshalb - kommt man nicht umher, sich zu wünschen, Scott hätte sein Genie für eine traditioneller fokussierte Erzählung der Legende aufgewandt.
Felix “Flex” Dencker