USA, 2008
Kinostart: 19.02.2009
Zu den größten Erfolgen des Us-amerikanischen Komikers, Schauspielers, Schriftstellers und Fernsehproduzenten Bill Maher gehörte die 2002 abgesetzt Talkshow “Politically Incorrect.” Borat-Regisseur Larry Charles gibt ihm mit seiner Mockumentary Religulous, zusammengesetzt aus “religious” (religiös) und “ridiculous” (lächerlich), die Chance, sich auch im Kino politisch inkorrekt zu geben.
Maher übernimmt dabei den Part des unverblümten Interviewers, der in etwa mit jenem von Michael Moore in Fahrenheit 9/11 & Co. gleichzusetzen ist. Politik ist jedoch “nur” ein Streifthema von Religulous, denn Larry Charles geht es um die zahlreichen Religionen, deren Auswüchse und vor allem Auswirkungen auf der Welt. Maher fährt dafür rund um den Globus und befragt, aus der Sicht eines überzeugten Atheisten, Vertreter und Anhänger zahlreicher Glaubensgeschmeinschaften. Wobei “befragen” es wohl nicht ganz trifft, denn Maher hinterfragt viel mehr - und das mit einer gehörigen Portion Sarkasmus - die oftmals lächerlichen Doktrinen der verschiedensten Konfessionen. Charles mixt diese oft absurden, manchmal erschreckenden aber immer vergnüglichen Begegnungen mit zahlreichen gut positionierten Filmausschnitten oder Texteinblendungen, die den Spaßanteil noch einmal beträchtlich in die Höhe schrauben. Dass sich die Gespächspartner größtenteils der Lächerlichkeit
preisgeben, liegt nicht nur an der geschickten, natürlich auch manipulativen Fragestellung des reaktionsschnellen Maher, sondern vor allem in ihrem eigenen Unvermögen, unfallfrei zu argumentieren. Das Mitleid des Publikums wird sich dadurch mit Sicherheit in überschaubaren Grenzen halten.
Das Schöne ist, dass Charles und Maher in ihrem kollektiven Auseinandernehmen des organisierten Glaubens nie mit zweierlei Maß messen: Egal ob Christen-, Mormonen- oder Judentum, der Islam, Scientology oder Skurrilitäten wie eine holländische Cannabisreligion alle bekommen gleichermaßen ihr Fett weg.
Wer mit dem Mockumentary-Konzept und dem heiklen Thema an sich etwas anzufangen weiß, sollte also auf jeden Fall den Kinogang antreten.
Michael “Eminence” Reisner