Originaltitel: Stick It
USA/Deutschland, 2006
Kinostart: 13.07.2006
Reziproker Ikonoklasmus auf Abwegen
Ein Haufen Teenager vergnügt sich auf Skateboards mit Bmx-Rädern auf einer Baustelle. Ohne ersichtlichen Grund landet einer der Biker in einem Haus, nimmt während der darauf folgenden Flucht vor der Polizei die Kapuze ab, und Whoah! Es ist ein Mädchen!!! Wer hätte das gedacht.
Ähnlich überraschend geht es weiter: Da die paar Holzbalken, die bei dem Vorfall zu Bruch gingen, 14.000 Dollar kosteten, verdonnert die Richterin die rebellische Haley (Missy Peregrim) dazu, auf die Vga zu gehen - eine Gymnastik-Schule. Ein Schelm, wer da einen Vergleich zu The Fast and the Furious: Tokyo Drift zieht.
Hier treffen nun der desillusionierte Trainer Burt Vickerman (Jeff Bridges), die angestrengt idiosynkratische Haley und ein Haufen anderer Funkenmariechen aufeinander. Diese tragen Haley bis heute nach, dass sie vor ein paar Jahren kurz vor dem Finale eines großen Turniers unvollendeter Dinge nach Hause ging und ihre Mitstreiterinnen im Regen stehen ließ.
Wie es weitergeht, kann jeder erraten: Haley findet keine Freunde, der Grund für ihr damaliges Ausscheiden bleibt im Dunkeln, und die Klassenzicke gewinnt die Meisterschaft.
Kleiner Scherz.
Ich will es kurz machen. Rebell in Turnschuhen bietet genau ein überzeugendes Element: Jeff Bridges. Er verleiht dem grantigen Burt eine emotionale Ehrlichkeit, die die oberflächlich geschriebene Figur eigentlich gar nicht verdient hat. Autorin und Regisseurin Jessica Bendinger, die sich bereits für das Drehbuch zu Aquamarin zu verantworten hat, schaufelte Klischee auf Klischee, ohne einen Funken echtes Verständnis für die Charaktere und ihre möglichen Entwicklungen. Ihre Inspirationsarmut akkumuliert sich im großen Finale, das vermutlich als Rührstück über die Glorie des freien Willens geplant war, aber ohne jede Wirkung verpufft und vor allem nichts an dem angeprangerten Problem ändert: der Willkür bei der Vergabe der Medaillen. Zu den haarsträubend schlechten Dialogen und dem aufgesetzten Punk-Image, das zu keiner Zeit glaubhaft wirkt, gesellen sich dann schlussendlich noch nervige Radiomoderatoren, die dem Zuschauer erklären müssen, was er auf der Leinwand sieht.
Es wäre ein leichtes gewesen, aus den beknackten Gymnastikregeln, die roboterhafte Konformität über Kreativität und echtes Können stellen, eine Geschichte über Eigenständigkeit und Aufrichtigkeit zu spinnen. Doch zwischen den frisch gebügelten Ramones-Shirts und zahllosen, furchtbar bösen Satansgrüßen blieb nur noch Raum für das seelenlose Abbild einer Gesellschaft, in der jeder, der jung und egozentrisch ist, gleich zum Rebell hochstilisiert wird.
Und das, obwohl das Training der Gymnasten doch so viel härter ist als das der Navy Seals.
Felix “Flex” Dencker