D / Ch 2007
Kinostart: 12.03.2009

Es ist ja nie nur ein Sommer.

Jeder, der mehr als drei dieser Jahreszeiten zu erleben das Glück hatte, wird das bestätigen können, und damit wäre eine Pointe schon verraten: Hier geht es um eine große, einschneidende Veränderung und natürlich die Liebe - wie in allen anderen Filmen mit dem Sommer im Titel, da ist im weiten Feld zwischen Eric Rohmer und Jimi Blue Ochsenknecht bislang wenig Überraschendes rumgekommen. Jemand kommt wohin, verliebt sich, muss Entscheidungen treffen, geht wieder fort und hat was gelernt. Das Personal diesmal: Eine Brandenburgische Arbeitslose, ein mazedonischer Hilfsarbeiter und ein schweizer Almbauer. Kulisse: Die Berner Alpen.

Eva lebt in Eberswalde, schon immer. Ihre Platte gerade gesprengt, zu alt, kein Job - das Leben der 36-jährigen ist nicht das glücklichste. Die einzige Beschäftigung, die ihr angeboten wird: Melkerin auf einer Schweizer Alm, drei Monate im Sommer. Eva, ehemalige Lpg-Arbeiterin, nimmt an, lässt ihren beleidigten Freund Marco und ihren 15-jährigen Sohn zurück und sitzt schließlich in einem wackeligen Lift: Gemeinsam mit dem älteren, grummeligen Bergbauern Daniel, der für die nächsten Monate ihr Chef sein wird - und die einzige Kontaktperson oben auf der Alm.
Während Käse gemacht, Vieh getrieben, kalt geduscht und trocken Brot gegessen wird, kommen sich die anpackende, selbstbewusste Eva und der verschlossene Daniel in ihrer Isolation näher. Doch sie sind nicht allein auf dem Gipfel: Besonders der Knecht der Nachbarsalm, Mehmed, dessen Interesse an Eva früh geweckt wird, lässt sich immer häufiger auf der Hütte blicken. Und schließlich steht auch der eifersüchtige Marco vor der Tür - eine komplizierte Situation, und Eva mittendrin. Wie wird sie sich entscheiden?

Ein Problem des Films ist: Genau das ist dem Publikum herzlich egal. Zu konstruiert erscheint der Plot, zu einseitig leider manche Figur. Mehmed zum Beispiel wirkt wie ein Kusturica-Charakter, der per Copy-and-Paste einfach vom serbischen Donauufer in die Alpen versetzt wurde, ein charmanter Zigeuner mit dünnen Oberlippenbart, der mit seinem Pferd redet und dessen Szenen stilsicher mit etwas unterlegt werden, was die Sountrackkomponisten wohl für fröhlich-freche Musik halten.
Daniel hingegen ist als harter Senner zwar jederzeit in Gefahr, zum Stereotyp zu werden, seine Wandlung zum Romantiker ist vorhersehbar, aber Stefan Gubser spielt durchaus großartig. Und Eva selbst: Anna Loos’ Spiel macht die Figur sympathisch, mag man auch ihr omnipräsentes Berlinerisch für genauso aufgesetzt halten wie ihre omnipräsente Sexyness, die sie auch beim Kehren im Kuhstall nicht verliert.
Das Werk der Regisseurin Tamara Staudt ist am besten dort, wo sie die Kamera einfach beobachten lässt: Eva, wie sie in Eberswalde die Sprengung eines Plattenbaus verfolgt; Daniel, wie er in tiefstem Schweizerdeutsch flucht. Die Bilder, die die beiden bei ihrer Arbeit auf der Alm zeigen, sind intensiv, natürlich nah an der Ästhetik des Heimatfilms - etwa, wenn die Kamera über morgensonnige Bergwiesen gleitet - aber dennoch, da kann man den Film sehr mögen.

Würden die ernsten Themen, die Hintergründe - Arbeits- und Hoffnungslosigkeit, das schwierige Leben der Senner in Zeiten industrieller Käseproduktion, Arbeitsmigration etc. - mehr zwischen den Zeilen vermittelt als plakativ angesprochen, würde der Film auf komödiantische Szenen und (misslungene) Spannungserzeugung verzichten und sich auf die Schilderung des Almlebens und der sich entwickelnden Beziehung der Hauptprotagonisten konzentrieren, Nur ein Sommer könnte ein Überraschungserfolg sein.
So bleibt’s ein unentschlossener Zwitter aus ernstem Bergdrama und Liebeskomödie mit scheußlichem Plakat, dem man nur wünschen kann, dass er trotzdem ein Publikum abseits des - pardon - Hausfrauenmainstreams findet, denn das hätte er nun auch nicht verdient.

Steffen Greiner