USA, 2006
Kinostart: 24.08.2006

Gefährliche Liebschaften

Michael Manns Miami Vice ist aufgebaut wie eine 125-minütige Folge der gleichnamigen 80er-Jahre-Serie. Kein Wunder - Vorbild war Smuggler´s Blues, eine Episode der ersten Staffel. Und als setze er eine Vertrautheit mit dieser Welt voraus, kommt Regisseur und Drehbuchautor Mann direkt zur Sache und schleudert den Zuschauer mitten in einen Drogendeal, der gerade dabei ist, katastrophal zu scheitern. Zwei Agenten, sowie die Familie eines Informanten (John Hawkes), sind tot. In den Bundesagenturen, die irgendwie alle zuständig sind - Fbi, Dea, Atf, herrscht helle Aufregung. Irgendwo gibt es einen Maulwurf und so ist es an den beiden Ferrari fahrenden Undercover-Polizisten Sonny Crockett (Colin Farrell) und Ricardo Tubbs (Jamie Foxx), als vermeintliche Kunden das Netzwerk des Drogenhändlers Jose Yero (John Ortiz) zu infiltrieren.

Die Ähnlichkeiten zur Tv-Serie beschränken sich auf die Namen der beiden Protagonisten und die übergeordnete Struktur der Handlung. Darüber hinaus erinnert der Film mehr an Manns großartige Thriller Heat oder Collateral als an die Serie, die vor allem durch ihre sonnige Optik und ihre Pastellfarben berühmt wurde. Den Art-déco-Look zu übernehmen, wäre spätestens nach Grand Theft Auto: Vice City langweilig gewesen, und so ging Mann in die entgegengesetzte Richtung und gab Miami Vice den düsteren, körnigen Digitallook, mit dem schon Collateral glänzte.

Die technische Brillianz, die Mann wie immer an den Tag legt, überträgt er auch auf seine Figuren. Hier legen sich keine stümperhaften Kleingauner mit Donuts mampfenden, übergewichtigen Streifenpolizisten an. Wie von seinen Filmen nicht anders gewohnt, beherrschen beide Seiten ihr Handwerk - auch wenn Fehler durchaus passieren können.
So kann er sich erlauben, direkt in Medias Res zu gehen, denn seine Welt braucht keine Einführung. Oder besser: Jeder Versuch, das unbedarfte Publikum in diese Welt einzuführen, wäre zum Scheitern verurteilt. Mann löst dieses vermeintliche Problem souverän, indem er das Geschehen mit einer selten gesehenen Unmittelbarkeit auf die Leinwand transportiert. Jeder Schuss, jede Explosion besitzt eine Wucht, die den Zuschauer in den Sessel drückt. So fällt es nicht mal ins Gewicht, dass der Gewaltlevel objektiv gesehen nicht über dem der meisten Genrekollegen liegt - so macht man effizientes Actionkino.

Miami Vice ist sicherlich nicht der ganz große Wurf. Im Vergleich mit Heat und Collateral landet der vergleichsweise flache Thriller eindeutig auf dem dritten Platz. Doch langweilig wird es nie, und es muss ja nicht immer das ganz große Kino sein, um Spaß zu machen.

Felix Flex” Dencker