Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie eine erbarmungslose Rächerin in Leder.
Bereits der Vorspann von Lady Vengeance präsentiert mit seinen kunstvollen Ornamenten aus rot, weiß und schwarz, unterlegt vom Mo Ho Baroque Ensemble, den unbedingten Willen zur Ästhetisierung.
Die Dinge müssen schön sein! fordert die Heldin Geum-Ja, und Regisseur Park Chan-Wook gehorcht - Sie ist keine Frau, der man widerspricht.

Im abschließenden Teil seiner Rache-Trilogie legt er noch mal alles vor, was die beiden Vorgänger ausmachte, alle optischen und akustischen Spielereien, aber auch inhaltlich zieht er die Summe: Der erste Teil, Sympathy for Mr. Vengeance, handelte davon, wie eine missglückte Kindesentführung das Leben aller Beteiligten aus der Bahn wirft. Der zweite Teil, der hierzulande erfolgreiche Oldboy, hat eine lange, ungerechte Inhaftierung zum Thema. In Lady Vengeance muss nun die erst 19jährige Geum-Ja für den Mord an einem entführten Kind ins Gefängnis. Als sie nach 13 Jahren entlassen wird, jagt sie mit Hilfe ihrer ehemaligen Mitgefangenen den wahren Täter (Choi Min-sik, Oh Dae-Su in Oldboy).

In seinem Erstling Joint Security Area zeigte Park noch, wie sich Menschen auch unter widrigen Umständen ihre Menschlichkeit bewahren können. Lee Yeong-ae wandelte hier auf den Spuren einer Geschichte über Freundschaft und Loyalität. Im Mittelpunkt der Rache-Trilogie hingegen stehen Menschen, die ein schreckliches Schicksal entmenschlicht hat und die nun ihrerseits Unheil in die Welt bringen. Keine dieser Figuren hat dem Zuschauer bisher so viele Rätsel aufgegeben wie die von Lee Yeong-ae verkörperte Geum-Ja. Der ganze Film ist um sie und ihre Ausstrahlung gestrickt, der alle Beteiligten ausnahmslos erliegen. Ist sie Heilige oder Hexe? Die Figuren rätseln, der Zuschauer rätselt mit. Der vermeintlich simple Racheplot, von Park durch Zeitsprünge künstlich verkompliziert, wird zur reinen Nebensache, wenn sich Geum-Ja auf die Suche nach ihrer Tochter macht. Doch gerade in dem Moment, wo man damit rechnet, dass Park seinen Film der Hauptfigur und dem Kontrast, den der Schnee zu ihrem roten Eyeliner und ihrem schwarzen Haar bildet, opfert, tritt sie komplett zurück und lässt die Rache umso machtvoller wieder hervortreten.

Lady Vengeance ist ein verwirrender Film, überfrachtet, brutal; gleichzeitig aber unvorhersehbar, mutig, mit dem schwärzestmöglichen Humor in den eigentlich unpassendsten Situationen. Bei nüchterner Betrachtung weniger vollkommen als die beiden vorherigen Teile und gewiss kein Film für Jedermann, aber auf jeden Fall ein machtvolles Erlebnis.
Der anvisierte Höhepunkt ist Lady Vengeance also nicht, doch Park untermauert durch seine Kompromisslosigkeit seinen Ruf als Aushängeschild des asiatischen Kinos.

Sven Ole Leisure Lorence Lorenzen