Originaltitel: The Lovely Bones
USA, Neuseeland, 2009
Die 14-jährige Susie Salmon wird auf dem Nachhauseweg von einem Nachbarn vergewaltigt und ermordet. Vom Jenseits aus beobachtet sie, wie Freunde und Familie mit ihrem Tod umgehen. Wie die Polizei erfolglos nach dem Mörder fahndet, wie ihr Vater sich immer fanatischer in die Suche verbeißt, wie die Ehe ihrer Eltern an der Tragödie zerbricht.
Der Roman von Alice Sebold beschreibt die Tat mit beunruhigender, poetisch angehauchter Gelassenheit. Peter Jacksons Verfilmung blendet sie aus. Der Umgang mit dem auslösenden Verbrechen ist symptomatisch für einen Film, der mehr darauf bedacht ist, bunte Computerbilder zu zeigen, als eine emotional vielschichtige Geschichte zu erzählen. Es ist verständlich, dass in einem Film für die ganze Familie einiges angepasst werden muss, und z.B. nicht wie im Buch ein Polizist der Mutter eine Tüte überreichen kann, in der sich der Ellbogen ihrer zerstückelten Tochter befindet. Man darf allerdings die Frage stellen, warum ein Film über die Ermordung eines 14-jährigen Mädchens überhaupt für die ganze Familie sein muss.
In der ersten Hälfte scheint die Filmwelt noch in Ordnung. Die Szenen, in denen die Familie einfach ihrem Alltag nachgeht, sprühen vor Energie und wurden von Kameramann Andrew Lesnie in schönen Bildern eingefangen. Saoirse Ronan verkörpert Susie mit einnehmender Natürlichkeit und so viel Lebenslust, dass die Tragik ihres frühen Todes fast greifbar wird. Auf darstellerischer Seite gehört der Film jedoch Stanley Tucci und Susan Sarandon. Tucci ist in der Rolle des perversen Nachbarn herrlich perfide und beängstigender, je freundlicher er sich gibt. Sarandon ist als Susies glücklich alkoholkranke Oma für die Handlung irrelevant, aber ein willkommener und gelungener comic relief.
Doch sobald keiner der beiden mehr im Bild ist, bewegt sich der Film mit dem Elan einer Lavalampe. Die Darstellung des Jenseits wird sicherlich die Gemüter spalten. Es ist der Himmel, wie ein 14-jähriges Mädchen ihn sich vorstellt, und auch wenn man gelegentlich die Teletubbies hinter dem nächsten Baum vermutet, ist das alles überaus hübsch geraten.
Fatal, dass das bewährte Autorengespann aus Jackson, Fran Walsh und Philippa Boyens kein Drehbuch liefert, das mit der gelungenen Regie mithalten kann. Durch das Ausklammern der Spannungen zwischen den Eltern verliert gleich eine ganze Reihe von Figuren jedwede Tiefe und die Geschichte einen Großteil ihrer Dramatik. Als die Mutter sich entschließt, ihre Familie zu verlassen und eine Weile auf einer Farm zu arbeiten, kommt die Entscheidung aus heiterem Himmel. Zudem birgt es keinerlei Konsequenzen, sieht man von der Szene ab, in der Oma erfolglos mit der Waschmaschine kämpft. Das Ende mag auf dem Papier als poetische Gerechtigkeit durchgehen. In der Verfilmung, die die Figur des Mörders in keinster Weise ergründet und auf die Gewalttat beschränkt, gerät es schrecklich unbefriedigend.
Mit In meinem Himmel stürzt sich Peter Jackson kopfüber in den Kitsch der Buchvorlage, klammert jedoch deren Düsternis aus. Umso bedauerlicher, da er es vor zehn Jahren vermutlich andersherum gemacht hätte.
Felix “Flex” Dencker