USA, 2006
Kinostart: 18.01.2007
Judge not, lest you be Judge.
Tiere tun den ganzen Tag nichts anderes als fressen, schlafen und sich fortpflanzen.
Menschen sind da anders. Neben fressen, schlafen und sich fortpflanzen schauen sie auch Fußball und scheißen ihre Ehefrauen an, wenn die schon wieder schwanger sind. Rechtzeitig vor dem Schulabschluss wird der Nachwuchs produziert, der den ewigen Zyklus im vollen Autopilot fortführt und so den Fortbestand der Rasse Homo quasi-sapiens sichert.
Es gibt noch eine Unterform dieser Spezies: Den Menschen mit dreistelligem Iq. Dieser nimmt Nahrung zu sich und schläft, doch Fußball schauen und Fortpflanzen sind hier dem Arbeiten und Debattieren gewichen.
Wer sich das Kalkulieren der logischen Konsequenzen ersparen möchte, braucht nur einen Blick in die Medienlandschaft zu werfen, wo ein Reizvakuum wie Paris Hilton fürs Berühmtsein berühmt ist und kein Mensch den Namen der letzten Physik-Nobelpreisträger kennt.
Mike Judge, der das Erstarken der intellektuellen Unterschicht in seiner Mtv-Serie Beavis & Butthead nur andeutete, geht nun mit Idiocracy in die Vollen. Er lässt einen Durchschnittstypen als Versuchskaninchen des Militärs in eine Gefrierkammer steigen und durch einen Unfall erst 500 Jahre später wieder auftauen. Dieser außergewöhnlich durchschnittliche Normalo, perfekt gespielt von Luke Wilson, wacht nun in einer Welt auf, die so dumm geworden ist, dass er nun mit weitem Abstand die Spitze der intellektuellen Elite darstellt.
Idiocracy hat eine Geschichte hinter sich, die mit “ironisch” nur sehr unzureichend betitelt ist. 20th Century Fox ließen den Film über ein Jahr lang verrotten, um ihn dann kurzzeitig und ohne Werbung in einer Handvoll amerikanischer Städte zu zeigen, und auch das vermutlich nur auf Grund vertraglicher Verpflichtungen. Offensichtlich gefiel den Entscheidungsträgern die Vorstellung nicht, dem Massenpublikum, das die Tv-Sparte des Konzerns täglich dumm-erzieht, einen Spiegel vorzuhalten.
So traurig sie auch sein mag, von ungefähr kommt die Angst, das Publikum zu verschrecken, nicht. Judge, der das Drehbuch schrieb und inszenierte, ging spektakulär unsubtil zu Werke und unternahm nicht den Hauch eines Versuchs, seine Wut über die Dummheit der Menschheit zu verschleiern. Entsprechend lebt Idiocracy auch nicht von einer nennenswert ausgeklügelten Handlung. Im Gegenteil, plottechnisch ergeben sich in der zweiten Hälfte spürbare Längen, die in einer ziemlich lahmen Auflösung enden. Dazu gesellt sich ein übermäßig gebrauchtes Voiceover, das dem Zuschauer in leicht herablassender Märchenonkelmanier haarklein erklärt, was er auf der Leinwand sieht.
Für diejenigen aber, die sich die Schuhe mit geschlossenem Mund zubinden, hält der mit 84 Minuten angenehm kurz geratene Film neben der deprimierend realistischen Prämisse zahllose Gags bereit, sei es in Großaufnahme oder verschwindend klein im Hintergrund. Dabei helfen natürlich gewisse Grundkenntnisse über die amerikanische Gegenwartskultur, doch ich teile Judges Optimismus und denke kaum, dass dies ein großes Problem darstellen wird.
Nach Ricky Bobby - König der Rennfahrer ist Idiocracy der zweite Film in kurzer Zeit, der sein Publikum zum Lachen bringt, während er es als dumm vorführt. Er bietet weder das handwerkliche Geschick noch die inhaltliche Kohärenz der Will-Ferrell-Komödie, kann dafür aber mit der Zurückhaltung eines 20-Tonners punkten, der in der großen Pause über den Hof einer Grundschule brettert und bietet genügend witzige Einfälle, um den Preis einer Kinokarte zu rechtfertigen.
Felix “Flex” Dencker