USA, 2007
Kinostart: 25.10.2007
Sex, Gewalt und Rock’n’Roll
John Carpenter hat es nicht leicht. In den letzten Jahren wurden einige seiner Klassiker durch den Remake-Fleischwolf gedreht und kamen am anderen Ende als geschmacklose Tofuwürste wieder heraus. Der Tod von Halloween-Produzent Moustapha Akkad im Jahre 2005 verzögerte das Remake des wohl bekanntesten Werks Carpenters eine Weile, doch dann sprang sein Sohn Malek ein, um noch ein paar Dollar mehr in die Kasse zu bringen.
Die Nachricht, dass Rob Zombie als Regisseur unter Vertrag genommen wurde, löste dann doch so etwas wie einen Hoffnungsschimmer aus. Zombie hatte sich mit seinen eigenwilligen und knüppelharten Schockern Haus der 1000 Leichen und The Devil’s Rejects einen Namen gemacht und bringt seinen Stil auch hier voll zum Einsatz. Zombies erklärtes Ziel war es, die Ursprünge des Bösen in der Hauptfigur Michael Myers näher zu durchleuchten. Und so wird aus dem 10-minütigen Prolog, der die Motivation des Serienmörders bewusst offen ließ, eine 30-minütige Abhandlung über die Gefahren schlechter Kindeserziehung. “Hier kamen innere und äußere Umstände zusammen”, erläutert Michaels Psychiater Dr. Loomis denjenigen Zuschauern, die es noch immer nicht verstanden haben. Loomis, im Original von Donald Pleasence als unerbittlicher Racheengel gespielt, erhält in Zombies Version so etwas wie eine Charakterentwicklung. Malcolm McDowell gibt ihm etwas onkelhaftes, als er versucht, zu Michael
vorzudringen. Dass er damit kein Stück weit kommt, lässt die Filmzeit ein wenig verschwendet wirken, gibt Michael aber zumindest die Gelegenheit, seinen Maskenfetisch zu entwickeln - und in der Heilanstalt eine Extraportion Leichen zu hinterlassen.
Auch an Michael selbst werden sich die Geister scheiden. Als Erwachsener besitzt er dank Darsteller Tyler Mane die monströse Physis, um die Rolle glaubhaft zu machen, doch der mondgesichtige kleine Junge, dem die berühmte William-Shatner-Maske fast bis über die Schultern hängt, mag einfach nicht bedrohlich wirken.
Doch die Charaktere sind ohnehin keine Stärke des Remakes. Nach der Exposition im ersten Drittel läuft der 2007er Halloween auf eine simple Aneinanderreihung von Tötungsszenen hinaus. Dies mag kaum im Geiste des Originals stehen, gelingt für sich genommen aber äußerst effektiv. Zombie weiß nun mal, wie man einen brutalen Mord einfängt, und so gestalten sich die - im Grunde immerzu gleichen - Hetzjagden mit ihren ausnahmslos blutüberströmten Ausgängen durchaus sehenswert.
Für Genrefans gibt es darüber hinaus zahllose Gastauftritte zu sehen und ebenso viele Anspielungen zu entdecken, die zum Teil wirklich gelungen sind, überwiegend aber vor allem daran erinnern, wie haushoch überlegen das Original seinen Nachfolgern ist.
Rob Zombies Fassung lässt sich einiges zu Schulden kommen. Der schwerwiegendste Vorwurf ist sicherlich der, dass die lange Einleitung Michaels Handeln zumindest ansatzweise relativiert und damit die Idee des absolut Bösen im Keim erstickt. Da der erwachsene Michael aber dennoch keinerlei Persönlichkeit aufweist und sich im Gegensatz zum Original auch sonst niemand hervortut, mit dem der Zuschauer mitfiebern könnte, bleibt auch echte Spannung weitestgehend auf der Strecke. Somit funktioniert der Film lediglich als reiner Slasherfilm, das jedoch hervorragend. Ohne Rücksicht auf sanfte Gemüter, knackig inszeniert und mit genug nackter Haut für die niederen Instinkte, bietet Halloween fast alles, was der Genrefan sich wünscht.
Unterm Strich bleibt zu hoffen, dass Zombie sich wieder seinen eigenen verdrehten Projekten widmet, wo er sich ein bisschen freier austoben kann. Dass er das mit weitem Abstand beste Carpenter-Remake bislang fabriziert hat, mag für sich genommen nicht viel besagen, doch dass der Film dem Original nicht das Geringste wegnimmt, hat ja auch was für sich.
Felix “Flex” Dencker