Originaltitel: Pirates of the Caribbean 4 - On Stranger Tides
USA, 2011
Aller guten Dinge sind Weniger
Und weiter geht’s. In seinem vierten Kinoabenteuer wird Jack Sparrow (Johnny Depp) vom britischen König dazu verdonnert, die Quelle der ewigen Jugend ausfindig zu machen, bevor sie den metrosexuellen Spaniern in die Hände fällt. Auf seiner Reise muss er sich nicht nur mit seinem Erzrivalen Barbossa (Geoffrey Rush), sondern auch mit Blackbeard (Ian McShane) auseinandersetzen, der diesmal die Rolle des “Piraten, den andere Piraten fürchten” übernimmt.
Damit Captain Jack jemanden zum Palavern hat, wird ihm Penelope Cruz an die Seite gestellt, die angeblich, vielleicht auch nicht, vielleicht aber auch doch, Blackbeards Tochter ist.
Nachdem der miserable dritte Teil der Abenteuerserie unzählige Handlungsfäden aufbot, die sich letztlich zu einem gordischen Knoten verwuselten, lautete das oberste Gebot beim vierten Teil “Simplizität”. Neben der schwindsüchtigen Haupthandlung wird lediglich ein Plot gereicht, in dem Orlando-Bloom-Ersatz Sam Claflin einer Meerjungfrau demonstriert, dass auch rollige Männer keine Arschlöcher sein müssen - Spannung pur.
Positiv ist zu vermerken, dass Jack seine Trunkenheits-Manierismen etwas heruntergeschraubt hat und mehr oder weniger als menschliches Wesen durchgeht, ohne dabei an Unterhaltungswert einzubüßen. Verstärkt hat sich wiederum seine Unfähigkeit, auch nur das kleinste Problem eigenhändig zu lösen. Sobald er in eine Sackgasse gerät, beamt sich ein Deus Ex Machina daher und rettet ihm die Haut. Wie Anakin Skywalker in Star Wars Episode 1 wird er von der Geschichte getrieben, anstatt umgekehrt, so dass man ihn kaum noch einen Protagonisten nennen kann.
Die letzten beiden Filme, die bekanntermaßen am Stück und teilweise ohne fertiges Drehbuch gedreht wurden, strotzten bereits vor Banalitäten und Plotlöchern, konnten jedoch mit beeindruckenden Effekten und imposanter Action gegensteuern. Das Duell im durch den Dschungel rollenden Mühlrad in Teil 2, der Kampf auf den Mastspitzen zweier im Strudel rotierender Schiffe in Teil 3, diese Szenen bleiben im Gedächtnis, wenn die Ungereimtheiten der Handlung längst vergessen sind.
Die spannendste Szene in Teil 4 zeigt Blackbeards Treibjagd auf die Meerjungfrauen, und selbst die gerät nach einem vielversprechenden Anfang unlogisch und antiklimaktisch.
Bleibt lediglich ein halbes Dutzend Szenen, in denen in Final-Destination-4-Manier Schwertspitzen in die Kamera gehalten werden.
Gegen den Erfolg einer Filmreihe, deren letzter Teil auch ohne Drehbuch fast eine Milliarde Dollar in die Kinokassen gespült hat, lässt sich schwer argumentieren. Wer immer noch Fan der Serie ist, wird auch Teil 4 etwas abgewinnen können. Aber auch diesmal gilt: neue Fans wird der Film wohl kaum rekrutieren.
Felix “Flex” Dencker