USA, 2006
Kinostart: 18.01.2007
1945, der Krieg zwischen den USA und Japan steht am Scheidepunkt. Kriegsmüdigkeit und immer knappere finanzielle Möglichkeiten machen den Amerikanern das Krieg führen schwer. Da scheint der Angriff auf die japanische Pazifikinsel Iwo Jima wie eine Verzweiflungstat. Die Eroberung japanischen Territoriums soll ein Dolchstoß für den Gegner sein, doch so einfach will dieser den Kampf nicht aufgeben.
Was folgt, sind zermürbende Schlachten, an deren Ende ein Ereignis von unerwarteter Tragweite steht: das Hissen der amerikanischen Flagge auf einem eroberten Berg auf Iwo Jima. Joe Rosenthals Foto entfacht in den USA ein neues patriotisches Feuer und um dieses auch in bare Münze - sprich: Kriegsanleihen - umzuwandeln, werden die “Helden von Iwo Jima” auf eine Werbetour durchs Land geschleppt. Zu diesem Zweck auserkoren werden drei Soldaten: der von Schuldgefühlen geplagte John “Doc” Bradley (Ryan Phillippe), der extrovertierte Rene Gagnon (Jesse Bradford) und der vom Alkohol umnebelte Ira Hayes (Adam Beach).
Das einzige Problem an der Unternehmung: die Geschichte der Entstehung des Fotos wird mit Falschinformationen unterfüttert. Während eine offizielle Wahrheit in den Zeitungen des Landes die Runde macht, durchleben die drei Soldaten mittels Flashbacks nochmals die wahre Geschichte. Diese ist geprägt von Angst, Unsicherheit und Tod. In diesen Momenten zeigt Regisseur Clint Eastwood ein sicheres Händchen für das Genre. Die Schlacht um Iwo Jima wird in fahlen Bildern erzählt, die markant an Steven Spielbergs Der Soldat James Ryan erinnern. Eastwood scheint im selben Ausmaß an Gewaltdarstellung interessiert, doch erreicht er “nur” das bereits bekannte Niveau. Aus diesem Grund ist die Dramatisierung der Geschichte um die Werbetour durch die USA auch bei weitem interessanter als das Kriegsgeschehen auf Iwo Jima und entlarvt das patriotische Unterfangen Krieg als ein einziges großes Geschäft für die Rüstungsindustrie. In der Erzählung der beiden Handlungsebenen verheddert sich Eastwood allerdings und vermag keine Balance zu erschaffen.
Die Schicksale der drei Soldaten werden dazu auch noch auf individuellen aber zugleich unbefriedigenden Wegen aufgelöst. So wird Rene Gagnon immer wieder ins Bild geschoben und am Ende mit einer kurzen Einblendung aus dem Film “eliminiert”, während John “Doc” Bradley als Identifikationsfigur für den Zuseher aufgebaut wird. Sein tugendhaftes Handeln wird von Ryan Phillippe ansprechend dargestellt, steht dabei allerdings im Widerspruch zur eigentlichen Intention des Films, die gebrochenen Männer des Krieges und ihre Instrumentalisierung durch die Regierung zu portraitieren. Darüber hinaus vergisst Regisseur Eastwood voll und ganz den interessantesten Charakter ansprechend darzustellen. Dem Schicksal von Ira Hayes wird in zerfleddert aufbereiteten Episoden Referenz erwiesen, doch der tragischen Tiefe dieses Mannes kann Eastwood nicht gerecht werden.. Da lohnt sich es zum Ausgleich das Johnny-Cash-Meisterwerk “The Ballad of Ira Hayes” zu Gemüte zu führen, um zu erfahren, wohin Flags of Our Fathers im idealsten Fall hätte führen können.
So bleibt am Ende ein langatmiges Epos mit routiniert schockierenden Kriegsszenerien und einem ausladendem und nie zum Punkt gelangendem Ende. Doch womöglich erschließt sich Flags of Our Fathers dem Zuseher erst in seiner ganzen Größe, wenn mit Letters from Iwo Jima die japanische Sichtweise die Schlacht von Iwo Jima komplettiert.
Patrick “Gonzo” Dorner