USA, 2009
Kinostart: 10.09.2009
Mein Freund Harvey
Sean MacArthur (Channing Tatum) entfloh der texanischen Provinz, um in New York sein Glück zu versuchen. Seine kleinen Geschäfte reichen aber kaum, um die Miete zu bezahlen, weshalb das Angebot des Hochstaplers Harvey Boarden (Terrence Howard), der ihn bei einer Prügelei beobachtet, gerade recht kommt: Sean soll sich bei illegalen Straßenkämpfen eine goldene Nase verdienen.
Die Partnerschaft der beiden trägt alsbald Früchte, und der Newcomer wird schnell zum Star der Szene. Doch gegen die hinterlistigen Methoden der New Yorker Unterwelt helfen auch Seans Fäuste nicht.
Es ist schon ein Krampf mit der Erwartungshaltung: Nach dem ebenso blöden wie langweiligen Trailer zu Fighting war mit einer echten Nullnummer zu rechnen. Was man bekommt, ist ein überraschend bodenständiges Actiondrama, das zwar keinen Ausbund an Innovation darstellt, aber als gesunde Mischung aus dem Hochglanz-Schmarrn The Fighters und David Mamets langatmiger Martial-Arts-Mär Redbelt über weite Strecken zu unterhalten weiß.
Hauptdarsteller Channing Tatum, der seine rebellische Heldenfigur mit lausbubenhaftem Charme versieht, meistert die schauspielerischen Anforderungen ebenso gekonnt wie die körperlichen. Die Vielzahl an Banalitäten, mit der Sean MacArthurs Hintergrundgeschichte ausgestattet wurde, mag zwar handlungsfördernd sein, stellt aber gleichzeitig das größe Ärgernis des Drehbuchs von Dito Montiel und Robert Munic dar. Es gibt klügere und weniger klischeehafte Wege, einen Hauptgegner für den Protagonisten zu etablieren, als dessen persönliche Vergangenheit zu bemühen und fadenscheinig den einstigen Erzrivalen aus dem Hut zu zaubern.
Heimlicher Star des Films ist aber ohnehin Terrence Howard, der der so oft strapazierten Kleinganovenrolle eine liebenswürdige Schrulligkeit zuführt und dem Film damit eine tragikomische Note verleiht. Ebenfalls ein Pluspunkt: Zulay Henao als Seans Flamme Zulay Valez, der ausreichend Leinwandzeit und Charaktertiefe zugestanden wird, um eben nicht bloß als hübscher Aufputz durchzugehen.
Beim Drehbuch hat Montiel zwar gepatzt, seiner Inszenierung gebührt allerdings Lob: Bei den Kampfszenen wurde auf Glaubwürdigkeit und Dynamik gesetzt, die Umsetzung ist - trotz der Hektik des Geschehens - für den Zuseher stets nachvollziehbar, weil auf allzu schnelle Schnitte verzichtet wurde. Nebenbei stellt Fighting mit seinen ausgefeilten Schauplätzen der einzelnen Kämpfe und den gekonnt eingefangenen Bildern von New York, die von der treibenden Filmmusik von David Wittman und Jonathan Elias unterlegt wurden, auch noch eine kleine Liebeserklärung an die Stadt dar und zeigt Ansätze einer Milieustudie. Letztere kommt besonders bei Zulay Valezs Filmfigur, einer alleinerziehenden Mutter mit Migrantenhintergrund, die mit ständigen Geldproblemen und einer herrischen Oma zu kämpfen hat, etwas ausgeprägter zum Vorschein.
Fazit: Ein Actiondrama mit Schlagkraft und Hirn, was so selten vorkommt, dass nicht nur Genreanhänger einen Blick riskieren sollten.
Michael “Eminence” Reisner