Originaltitel: The Nativity Story
USA, 2006
Kinostart: 07.12.2006
Bibelverfilmungen sind das Salz in der filmhistorischen Suppe. Die ersten Spielfilme amerikanischer Prägung widmeten sich dem Neuen Testament und dem Wirken und Leiden Jesu. Es kann also mit Sicherheit nicht von einem neuen Trend gesprochen werden, wenn Catherine Hardwick - die mit ihrem Regiedebüt Dreizehn internationales Aufsehen erregen konnte - die Geschichte von Maria und Josef erzählt.
Im Jahr 1 vor Christus herrscht König Herodes (Ciarán Hinds als dessen perfektes Kinderbibel-Ebenbild) über Judäa, auch wenn er dem römischen Kaiser Augustus Tribut schuldig ist. Doch was Herodes viel mehr beschäftigt, ist eine alttestamentarische Prophezeiung, nach der ein neuer Herrscher, der Messias, sich erheben und die Herrschaft übernehmen soll. Zur selben Zeit treiben im armen Dorf Nazareth die römischen Steuereintreiber ihr Unwesen und nehmen den Landwirten ihr letztes Hab und Gut. Um die prekäre Situation der Familie zu entschärfen, entschließen sich die Eltern der jungen Maria (Keisha Castle-Hughes) zu einer Vernunftehe mit dem jungen Zimmermann Josef (Oscar Isaac).
Es ist dieser Moment, in dem sich Maria mit dem Gedanken auseinander setzen muss, eine Ehe mit einem Mann zu führen den sie kaum kennt und nicht liebt, in dem ihr der Erzengel Gabriel (Alexander Siddig) erscheint. Ihr Schicksal verkündet Drehbuchautor Mike Rich - dessen bislang beste Arbeit das Drehbuch zu Gus van Sants Forrester - Gefunden! darstellt - in biblisch-hymnischen Dialogen, die so nah wie möglich beim Neuen Testament bleiben. Diesen Vorsatz scheint sich auch Regisseurin Hardwick genommen zu haben, denn sie nimmt jede Gelegenheit wahr, um ein christliches Kitschbild nach dem anderen zu produzieren. Alexander Siddig darf folgerichtig als Erzengel wenige Zentimeter über dem Boden schweben und ist von einem absonderlichen Glühen umgeben, das die Konturen des Darstellers verblassen lässt - einzig die Flügel fehlen. Ansonsten wird allerdings keine weitere Gelegenheit ausgelassen, um dem christlichen Publikum ein vorhersehbares und uninspiriertes Weihnachtsmärchen zu präsentieren.
Mel Gibsons Die Passion Christi mag den Weg für derartige Produktionen ans Licht der Weltöffentlichkeit erleichtert haben, doch religiös verbrämte Machwerke wie Es begab sich zu jener Zeit… finden sich im Internet - etwa das “Jesus Film Project” - und auf dem Dvd-Markt seit Jahren zuhauf. Catherine Hardwicks Werk reiht sich nahtlos in die Reihe dieser Werke ein, mit dem kleinen Unterschied, vom Filmriesen New Line Cinema produziert worden zu sein. Denn bei genauem Hinsehen entpuppen sich die in Zeitlupe gefilmten Angriffe der Römer und die mit pompös-orchestraler Musik dargestellten Reisen der drei Weisen aus dem Morgenland, wie auch jene von Maria und Josef, nur wie die Ouvertüre zum unvermeidlichen Finale.
Da können Oscar Isaac und Keisha Castle-Hughes als Ehepaar wider Willen sich noch so abmühen, gegen die Kraft der römisch-katholischen Ikonografie sind sie machtlos und müssen ihr Kind deshalb auch im Schein des Morgendsterns gebären, während Esel und Ochs ihnen beiwohnen. Derartige Bilder zu durchbrechen und in einen historischen Realismus zu übertragen wäre möglich, war jedoch nie die Intention dieses Projektes. Wer seine Darsteller aus Gründen der Authentizität - die Geschichte trägt sich immerhin im Judäa der Zeitwende zu - in radebrechendem Englisch darstellt, hat aber offenbar ohnehin kein Interesse an derartigen Überlegungen. Im Grunde ein Jammer.
Autor: Patrick Dorner