Originaltitel: Reservation Road
USA, 2007
Kinostart: 19.06.2008
Nachdem Ethan Learner (Joaquin Phoenix) hilflos mitansehen muss, wie sein 10-jähriger Sohn Josh von einem Auto überfahren wird, schlägt seine Trauer schnell in Rachegelüste um. Da der Täter Fahrerflucht beging, ist er zunächst auf die Mithilfe der Polizei angewiesen, die jedoch kaum nennenswerte Ergebnisse liefert. Durch seine Versessenheit, den Mörder seines Sohnes zu finden, entfernt er sich immer weiter von seiner Frau Grace (Jennifer Connelly) und der gemeinsamen Tochter Emma (Elle Fanning), die ebenfalls schwer vom Velrust Joshs gezeichnet sind.
Derweil plagt den Unfalllenker Dwight Arno (Mark Ruffalo) das schlechte Gewissen. Nur die Angst, seinen Sohn Lucas (Eddie Alderson) endgültig an seine Ex-Frau (Mira Sorvino) zu verlieren, verhindert, dass er sich der Polizei stellt. Als Ethan rechtlichen Beistand sucht, bekommt er ausgerechnet Dwight als Anwalt zur Seite gestellt. Eine Konfrontation scheint unausweichlich.
Regisseur Terry George hat bereits 2004 mit Joaquin Phoenix für sein bewegende Bürgerkriegsdrama Hotel Ruanda zusammengearbeitet. Nachdem Phoenix in Helden der Nacht eine ausnehmend lustlose Darbietung ablieferte, schaffte es George, aus ihm die wahrscheinlichte beste Leistung seiner bisherigen Karriere herauszukitzeln. Und nachdem Mark Ruffalo spätestens mit seiner brillianten Vorstellung in David Finchers Zodiac - Die Spur des Killers bewies, wie viel Talent in ihm steckt, darf man sich in Ein einziger Augenblick über ein Charaktermimenduell der Extraklasse freuen. Dazu kommt, dass das Drehbuch von John Burnham Schwartz und George selbst, nicht den Fehler begeht und die beiden zentralen Charaktere in bloße Schwarz-Weiß-Kategorien aufteilt, sondern beide Väter mit all ihren menschlichen Schwächen eine enorme Bandbreite an Emotionen durchlaufen lässt. Dahingehend und unterstützt von den hervorragenden Akteuren in den Nebenrollen, wobei wieder einmal die großartige Jennifer Connelly gesondert hervorzuheben ist, gehört das Schuld-und-Sühne-Drama zu den ganz großen seines Fachs.
Der einzig echte Kritikpunkt liegt in der Überkonstruiertheit des Plots, die zwar der Spannung zuträglich ist, mitunter aber aufgesetzt wirkt. Insbesondere die direkten Verbindungen der Charaktere kommen so unwahrscheinlich daher, dass sie massiv an der Glaubwürdigkeit rütteln. Der empathischen Wirkung des Gesamtwerks, das zudem mit der effektiven Kamerarbeit von John Lindley und der punktgenauen musikalischen Untermalung von Mark Isham punkten kann, tut dies aber keinen Abbruch.
Fazit: Exzellent gespieltes, tieftrauriges Drama mit kleinen Schönheitsfehlern.
Michael “Eminence” Reisner