USA, 2008
Kinostart: 09.10.2008
Den Wald vor lauter Bäumen
Man muss Verschwörungstheorien einfach lieben. Man sollte sie nicht unbedingt für bare Münze nehmen, aber man muss doch die Kreativität anerkennen, die dahinter steckt. Zum Beispiel die Behauptung, der Mensch sei nie auf dem Mond gelandet. Wegen der kosmischen Strahlung könne man die Erdatmosphäre gar nicht verlassen, und so sei die Mondlandung in einem kleinen Studio in Houston gedreht worden. Korrespondierend dazu gibt es die Theorie, die Verschwörungstheorie über die gefälschte Mondlandung sei so hanebüchen, dass sie vermutlich von der Regierung selbst stamme, um die Verschwörungstheoretiker in Verruf zu bringen. Diesen Ansatz verfolgt wohl D.J. Caruso mit seinem neuen Film Eagle Eye. Caruso hatte schon mit Disturbia ein kurioses Plädoyer dafür geschaffen, seine Nachbarn mit dem Fernglas zu beobachten und geht nun einen Schritt weiter. Vordergründig schuf er ein Mahnmal gegen die totale Überwachung. Shia LaBeouf, sein voyeuristischer Hauptdarsteller aus Disturbia, gerät diesmal selbst in die Fänge einer unbekannten Macht, die jeden seiner Schritte überwacht und kontrolliert. Sein Handy, sein Konto, die Ampeln und Baukräne der Stadt sowie natürlich Computer und Überwachungssatelliten gehorchen der geheimnisvollen weiblichen Stimme, die ihm immer wieder vorgibt, was er tun soll - und ihn bestraft, wenn er sich widersetzt. Auch Michelle Monaghan hat es erwischt, sie muss LaBeouf unterstützen, sonst soll ihr Sohn sterben.
Es kommt, wie es kommen muss: Das Rätsel wird gelüftet und entpuppt sich nicht nur als geklaute Idee aus einem Filmklassiker, dessen Nennung das Ende vorweg nehmen würde, sondern auch als so blödsinnig und undurchdacht, dass es die Bedenken vor der totalen Überwachung eher lächerlich erscheinen lässt als bedrohlich.
Caruso tut sein Bestes, um das sinnfreie Treiben spannend zu halten. Viel Lärm und rasante Schnitte lenken eine ganze Weile davon ab, dass im Grunde wenig Spannendes, geschweige denn Realistisches passiert. Wenig überraschend arbeitet er dabei ohne jedes Feingefühl, man sollte sich also selbst in simplen Dialogszenen auf Seekrankheit einstellen.
Wir leben in Zeiten einer globalen Überwachung, von der George Orwell nie zu träumen gewagt hätte. Die Gesellschaft ist schon so weit desensibilisiert - oder desinteressiert - dass die Regierung in aller Öffentlichkeit über das Eindringen in die tiefste Privatsphäre der Bürger debattiert und die Bürger öffentlich zur Schau gestellte Fotos ihrer Häuser für einen nützlichen Service halten. Da wäre ein Film wie Eagle Eye mit seiner verharmlosenden Sinnlosigkeit weiteres Öl in ein außer Kontrolle geratenes Feuer, wäre er nicht eine derartige Beleidigung für die Intelligenz seines Publikums, dass ich mit dieser Kritik bereits viel zu viele Worte über ihn verloren habe.
Felix “Flex” Dencker