Originaltitel: La Sconosciuta
Italien, Frankreich, 2006
Kinostart: 22.05.2008
Allein gegen die Mafia
Die Zusammenarbeit von Regisseur und Drehbuchschreiber Guiseppe Tornatore und Starkomponist Ennio Morricone hat schon einige Filmjuwelen zustande gebracht wie Cinema Paradiso und Die Legende vom Ozeanpianisten, aber auch Mittelmäßiges wie den reißerischen Der Zauber der Malena. Dass, während die beiden gerade ihren neuen Film Leningrad abschließen, erst mit zweijähriger Verspätung Die Unbekannte in die deutschen Kinos kommt, ist bereits ein schlechtes Omen.
Und wirklich: Der Film erweist sich als eine schillernde Fassade mit zweifelhaftem Fundament.
Die titelgebende Unbekannte (Kseniya Rappoport) schleicht sich bei der heilen Familie Adacher als Hausmädchen ein. Dass sie nichts Gutes im Sinn hat, zeigen die große Menge Geld, die sie mit sich führt, ihre mysteriösen, blut- und gewaltvollen Erinnerungsfetzen und das bedrohliche Kratzen der Streicher.
Obwohl Die Unbekannte kein Film ist, über den man in 10 Jahren noch viele Worte verlieren wird, muss man seiner handwerklichen Ambitioniertheit doch Respekt zollen. Die bildgewaltige, hochstilisierte Inszenierung zitiert am laufenden Band Hitchcock und de Palma, und auch Ennio Morricones wie immer furioser Soundtrack beinhaltet die eine oder andere Melodie, die einem so schnell nicht aus dem Kopf gehen wird. Oder sich bereits darin befindet, denn das Grundthema ist eine Variation des nun thematisch völlig anders gelagerten Cinema Paradiso, die schnelleren Passagen hingegen zitieren The Untouchables. Vielleicht ist es diese Bekanntheit, die den Soundtrack extrem aufdringlich und aufgesetzt wirken lässt, vielleicht auch die Tatsache, dass er über Situationen gelegt wird, die einfach nicht ‘stark’ genug für ihn sind.
Als Zitatecollage und reine Bild-Ton-Komposition ist Die Unbekannte daher sehr ansprechend, als eigenständiger Film hingegen eher nicht. Weder die tolle Hauptdarstellerin Kseniya Rappoport noch der herrlich ölige Michele Placido als Schurke können über die papierdünne Geschichte hinwegtäuschen. Auch die oft redundanten Rückblenden können keine Komplexität vortäuschen und ziehen den Film unnötig in die Länge. Die bitterböse Pointe, zu der sich der Film gegen Ende hin noch aufzuraffen scheint, wird bezeichnenderweise für eine hübsche Schlusseinstellung verkauft.
Letztendlich ist Die Unbekannte also ein Lehrstück darüber, wie seelenlos und spannungsarm ein an sich sauber produzierter Film wird, wenn auf die Figuren und das Drehbuch kein Wert gelegt wird.
Sven Ole ‘Leisure Lorence’ Lorenzen