Originaltitel: Blindness
USA, 2008
Kinostart: 23.10.2008
In einer namenlosen Großstadt breitet sich eine beängstigende Krankheit aus. Immer mehr Menschen werden von der “weißen Blindheit” befallen und sehen nur noch einen weißen, undurchdringlichen Nebel. Die Regierung pfercht die Infizierten in eine stillgelegte Heilanstalt und überlässt sie dort sich selbst. Unter ihnen: Die Frau eines erblindeten Augenarztes, die gegen die Krankheit immun ist, sich aus Liebe zu ihrem Mann jedoch mit einsperren lässt. Als in der Anstalt das Chaos ausbricht, kann sie nur tatenlos zusehen.
Warum? Wer weiß das schon. Die Frage, warum die Frau sich terrorisieren und vergewaltigen lässt, anstatt dem selbsternannten König der Anstalt einfach einen Stuhl über die Rübe zu ziehen, bleibt ebenso unbeantwortet wie die, warum sie ihre Immunität nicht der Gesundheitsbehörde meldet, die darauf eventuell ein Heilmittel entwickeln könnte.
Doch die Welt, die Regisseur Fernando Meirelles in seinem neuen Film zeichnet, wird so komplett von Dummheit beherrscht, dass die Frau kaum negativ auffällt. Warum bleibt diese Handvoll Leute eingesperrt, nachdem die Krankheit sich offensichtlich massenhaft verbreitet hat? Warum werden sie mit so wenig Essen versorgt, dass es überhaupt zum Konflikt kommt? Und warum muss das alles so elend langweilig sein? Die Buchvorlage von Nobelpreisträger José Saramago mag vielschichtig und poetisch sein, der Film ist es jedenfalls nicht. Die halbherzige Herr-der-Fliegen-Geschichte, die sich in der Heilanstalt abspielt, ist von der Idee bis zur Ausführung komplett blödsinnig geraten, und nimmt zudem so viel Zeit in Anspruch, dass der zweite Teil der Geschichte wie ein Epilog erscheint. Dass dieser dann auch wieder ausführlich breitgetreten wird, steigert das Gefühl der Langeweile weiter, nicht zuletzt da der Film an diesem Punkt bereits eine volle Spielfilmlänge läuft. Zudem häufen sich
unfreiwillig komische Szenen, da die Blinden in der Stadt sich bewegen und verhalten wie Untote - spätestens als ein Mann mit wirrem Blick über eine Frau herfällt, weil er Fleisch riecht, fragt man sich, wo Milla Jovovich mit ihrer Schrotflinte bleibt.
Die Stadt der Blinden hätte so einiges sein können. Eine Studie über den Zusammenbruch einer Gesellschaft in Krisenzeiten, eine Allegorie über die Frau als starkes Geschlecht oder ein Plädoyer für Blindenschrift-Kurse in der Schule. Am Ende wird mit dem redundantesten Voice Over seit Amadeus angedeutet, dass es eigentlich die ganzen zwei Stunden um innere Schönheit ging, doch dies ist nur die letzte in einer langen Reihe von Sinnlosigkeiten.
Die Stadt der Blinden ist mit Julianne Moore, Mark Ruffalo, Gael Garcia Bernal und Danny Glover verlockend besetzt, doch was nützen gute Schauspieler in einer Geschichte, deren Banalität nur von ihrer Langatmigkeit übertroffen wird?
Felix “Flex” Dencker