Originaltitel: Kunsten å tenke negativt
Internationaler Titel: The Art of Negative Thinking
Norwegen, 2008
Kinostart: 18.09.2008
Die durch die Wohnung gehen
Komödien aus dem Norden sind, wie schon der Titel eines Paradebeispiels sagt, Delikatessen. Oft geprägt von exzentrischen Charakteren und einer befremdlichen Balance von Ruhe und Rohheit, verlangen sie vom Publikum, dass es die eigentümliche Note des Humors zu schätzen weiß, der sich deutlich jenseits des gewohnten Spektrums befindet.
Mit Die Kunst des negativen Denkens kommt nun ein neuer, norwegischer Kömodien-Drama-Hybrid in deutsche Programmkinos, der selbstbewusst auf einen bitteren Beigeschmack setzt.
Die Grundidee ist einfach, doch erfrischend unverbraucht: Von den ständigen Launen und Zurückweisungen ihres querschnittsgelähmten Gatten Geirr (Fridtjov Såheim) entmutigt und frustriert, wendet sich die junge Ingvlid an eine Selbsthilfegruppe, die sich ganz und gar dem positiven Denken verschrieben hat. Zum kennen lernen lädt sie alle Mitglieder inklusive resoluter Gruppenleiterin zu sich nach Hause ein. Bei Kaffee und Kuchen in vertrauter Umgebung, so der Plan, bricht das Eis am schnellsten.
Der dauerkiffende Johnny-Cash-Fan Geirr ist von der Idee jedoch alles andere als angetan. Vehement wehrt er sich gegen die Störenfriede, lässt sich aber schließlich unter Drohungen überreden, einer Gesprächsrunde beizuwohnen. Schnell zeigt sich, dass es nicht viel nötig ist, um die fröhliche Fassade der Gruppe zum bröckeln zu bringen.
Die Kunst des negativen Denkens ist allein schon aufgrund der Thematik und dem daraus bedingten Mangel an politischer Korrektheit interessant, qualitativ aber weit von einem Geniestreich wie The Method entfernt, der die persönliche Dekonstruktion seiner Protagonisten viel, viel weiter treibt. Auch mit der Absurdität eines Adams Äpfel kann er es nicht aufnehmen.
Die Charaktere funktionieren als Handlungsträger, sind allerdings - wie in diversen Szenen deutlich wird - zu sehr auf schnelle Lacher angelegt und mangeln trotz professioneller Darsteller der Tiefe von Figuren aus vergleichbaren Komödien. Der Prozess scheint beinahe umgekehrt: Mit fortschreitender Laufzeit wirken sie zunehmend wie Karikaturen und bieten dabei zu wenig Reibungsfläche, um den Zuschauer emotional zu reizen. Einzig Kirsti Eline Torhaug als die duldsame Ingvlid kann in Punkto Glaubwürdigkeit voll überzeugen, hat dafür jedoch die wenigsten Lacher auf ihrer Seite. Da dem Zuschauer ohnehin einige davon im Halse stecken bleiben und der Film eine solide, emotionale Basis braucht, um zu funktionieren, kann man sie in gewissem Sinn als eigentlichen Star des Films bezeichnen. Sie und den gehäkelten Beutel, in dem die Gruppe ihre bösen Gedanken “entsorgt”.
Trotz aller Kritik ist Die Kunst des negativen Denkens letztendlich eine gelungene Komödie mit vielen bösen und bissigen Momenten, die nicht so klug und anarchistisch daherkommt, wie man angesichts des Titels vermuten mag, doch gut zu unterhalten weiß. Sofern sie es in die Verleihregale schafft, ist sie einen Abend wert, vorzugsweise als Vorspeise in einem Double Feature mit einem dänischen Artgenossen.
Tom Maurer