Originaltitel: Entre les murs
Frankreich, 2008
Kinostart: 15.01.2009
François ist ein junger, idealistischer Französischlehrer in einem sogenannten Problemviertel am Pariser Stadtrand. In seiner 7. Klasse sind Schüler unterschiedlichster Herkunft zwischen 13 und 15 Jahren zu finden, das Schuljahr ist von einigen wenigen Hochs und einer ganzen Menge Tiefs geprägt, sowohl aus Lehrer- als auch aus Schülersicht.
Laurent Cantets mit der Goldenen Palme von Cannes ausgezeichneter Spielfilm zeigt den Schulalltag in all seinen Facetten, eine Handlung im eigentlichen Sinne gibt es nicht, wenn auch ein paar Charaktere schwerpunktmäßig näher betrachtet werden als andere. Cantent hatte schon lange vor, sich des Themas anzunehmen. Was ihm jedoch fehlte, war eine glaubwürdige Vorlage. Diese lieferte ihm der ehemalige Lehrer François Bégaudeau mit seinem gleichnamigen Buch “Entre le murs”. Bégaudeau schrieb später am Drehbuch mit und übernahm letztendlich sogar die Hauptrolle. Doch nicht nur der Lehrer spielt sich praktisch selbst, auch die Schüler wurden mit Laiendarstellern besetzt. Dies und die Tatsache, dass Cantent beim Dreh allergrößten Wert auf Improvisation legte, machen aus Die Klasse den wohl authentischsten Schulfilm überhaupt.
Stilistisch bewegt sich der Regisseur auf quasi-dokumentarischem Terrain: Drei Kameras kamen zum Einsatz, eine für den Lehrer, eine für die Schüler und eine für alles Improvisierte. Sie fingen das im Zentrum stehende Klassenzimmer als eben jenen brodelnden Mikrokosmos ein, den jeder von uns auf zumindest ähnliche Art und Weise kennengelernt hat und sparen keine Details aus. Auf die üblichen Klischees wird gänzlich verzichtet: Lehrer und Schüler stehen sich als Menschen mit Fehlern gegenüber, ein marodes Bildungssystem, soziale Missstände und die nicht wegzudiskutierende Integrationsproblematik machen ihnen das gemeinsame Leben schwer. Cantent, der ausschließlich das Schulgelände als Drehort zuließ, schafft es in kammerspielartiger Atmosphäre, all die Rückschläge und Erfolgserlebnisse auf beiden Seiten einzufangen. Der ständige Schlagabtausch beider Parteien wirkt dabei ebenso ehrlich wie amüsant, sodass aus 128, eigentlich unspektakulären Minuten ohne erkennbare Spannungskurve,
Höhepunkte oder gar Lösungen, ein gänzlich unterhaltsames Stück Kino geworden ist. Dafür gebührt ihm und seinem tollen Ensemble nicht nur die eine oder andere Auszeichnung, sondern auch Publikumszuspruch. Thema und Umsetzung sind derart universell, Die Klasse sollte auch außerhalb Frankreichs ihre Wirkung nicht verfehlen.
Michael “Eminence” Reisner