USA 2006
Kinostart: 12.10.2006
Kleider machen Leute
Der größte Traum von Hochschulabsolventin Andy (Anne Hathaway) ist es, Journalistin einer ernst zu nehmenden New Yorker Zeitung zu werden. Allerdings landet sie über Umwege im Büro von Miranda Priestly (Meryl Streep), der Chefredakteurin von “Runway”, der wichtigsten Modezeitschrift der Welt. Als zweite Assistentin besteht Andys Hauptaufgabe darin, die Zicken ihrer Chefin zu ertragen und ihr jeden noch so unrealistischen Wunsch zu erfüllen.
Anfangs versucht die bodenständige Andy ihren Idealen treu zu bleiben, allerdings wird sie mehr und mehr von ihrem Job vereinnahmt, was sie schließlich Freunde und Familie sträflich vernachlässigen lässt.
Der Teufel trägt Prada basiert auf dem Enthüllungsbuch von Lauren Weisberger, einer ehemaligen Assistentin von Vogue-Chefredakteurin Anne Wintour. Die Darstellung der unnahbaren, sozialsadistischen Karrierefrau im Film ist jedoch frei erfunden, und ihre (zumindest für den Zuschauer unterhaltsamen) Eigenarten stammen hauptsächlich von Meryl Streep selbst, die ihre Freiheiten hinsichtlich der Gestaltung ihres Filmcharakters offensichtlich genossen hat. Ihr gelingt das Kunststück, die Fassade und das Image dieser gefühlskalten Tyrannin konsequent aufrecht zu halten, hin und wieder allerdings menschliche Züge durchscheinen zu lassen. Miranda ist mit all ihrer Herzlosigkeit ironischerweise das Herzstück des Films: Es ist ihr Einfluss auf Hauptfigur Andy, ihre kompromisslose, modezentrierte Sicht der Dinge, die den Film antreibt und schließlich von den üblichen Selbstfindungsgeschichten über Anfang Zwanzigjährige abhebt.
Auch Anne Hathaway macht ihre Sache gut, obwohl das Drehbuch für ihre Figur nur den üblichen moralischen Lernprozess als charakterliche Entwicklung vorsah: Eine idealistische Jungjournalistin, die mit den Gepflogenheiten der Modehölle kämpft - und obendrein noch was dabei lernt. Der Reiz des Films liegt also weniger in der an sich konventionellen Geschichte, sondern eher in den interessanten Figuren, allen voran natürlich Meryl Streeps Miranda, die als Basis einer bissigen, ironiefreien Satire hervorragend funktionieren. Die zahlreichen Randfiguren illustrieren die oberflächliche Modewelt, wo die äußerliche Erscheinung regiert und Größe 36 bereits als “zu fett” gilt.
Regisseur David Frankel zeichnet ein unironisches Portrait dieser für Andy anfangs fremden Welt, um sie langsam dort hinein wachsen zu lassen: Die graue Maus wird schließlich modebewusst - und mit der Kleidung ändern sich auch ihr Auftreten und ihre Prioritäten, bis ihr Handy zum besten, jedoch letzten verbliebenen Freund wird.
Der Teufel trägt Prada ist eine bissige Komödie, deren satirische Elemente die rastlose Welt des Modegeschäfts unterhaltend nachzeichnen. Frankels einwandfreie Inszenierung wirkt hierbei wie ein Kommentar, der ein Urteil über Sinn und Irrsinn dieses Multimillionengeschäfts dem Zuschauer überlässt.
Christian “vogel” Simon