Er lässt uns was mangeln

Wenn bei den diesjährigen Oscars drei mexikanische Regisseure mit 16 Nominierungen vertreten sind und die Acadamy Awards so zur Fiesta Mexicana werden könnten, hat dies auch damit zu tun, dass die klassischen Oscar baits, die Prestigeobjekte der großen Studios, nichts taugten. In einer ganz eigenen Liga des Scheiterns spielt dabei Sonys Spiel der Macht, über den die Kritiker Spott und Häme kübelweise ausschütteten, und den das Publikum weitgehend ignorierte.
Im Windschatten dieser Titanic dümpelt Universals Der gute Hirte harmlos vor sich hin. Keine Blamage, aber bei weitem auch nicht der große Wurf, den das Projekt hoffen ließ.
Das zweite Regieprojekt Robert de Niros nach In den Straßen der Bronx lässt es dabei wahrlich nicht an Ambitionen fehlen: Eine sehr namhaften Darstellerriege, aufwendige Kulissen, ein renommierter Drehbuchautor und nicht zuletzt eine eigentlich fesselnde Geschichte.

Es geht um den hochrangigen Cia-Agenten Edward Wilson, dessen Karriere aufgrund der missglückten Invasion der Schweinebucht 1961 ins Stocken gerät. Er erinnert sich zurück an seine Collegezeit als talentierter Literaturstudent und wie er sich angesichts der deutschen Bedrohung dem Dienst im Oss (Office of Strategic Service) verschreibt und nicht zuletzt durch die Hilfe der einflussreichen Skulls and Bones”-Verbindung zu einem mächtigen unsichtbaren Strippenzieher aufsteigt.

Den Werdegang einer aus der Not der Stunde geborenen Spionageabwehrorganisation zum mächtigsten Geheimdienst der Welt an einer Person zu spiegeln, die zunehmend der im kalten Krieg allgegenwärtigen Paranoia anheim fällt, sich von der Familie entfremdet und kaltblütig Taten begeht, die seinen Idealen, die ihn früher einmal antrieben, genau entgegenstehen — die Idee an sich ist reizvoll.
Matt Damon verkörpert den verschlossenen, steifen Wilson in drei Zeitebenen, den begabten, idealistischen und verliebten Studenten, den Geheimdienstler an der Front, die Schattengestalt im Zentrum der Macht. Das Problem hierbei ist, dass diese drei Zeitebenen zu Teil unnötig verwirrt dargestellt werden. So vermag man den Wilson der vierziger und den der sechziger Jahre manchmal kaum auseinander halten.
Die Schauspielleistung Matt Damons als stiller, unscheinbarer Bürokrat ist nichtsdestotrotz sehr ansprechend. Angelina Jolie ist dagegen eine etwas fragwürdige Besetzung für eine Frau, die an der Geheimniskrämerei ihres Mannes verkümmert. Man kauft es ihren vollen Lippen schlichtweg nicht ab. DeNiro, William Hurt und John Turturro spielen ihre Nebenrollen ebenfalls gut, besonders freuen wir uns aber natürlich über Martina Gedeck als deutsche Übersetzerin in Berlin.

Insgesamt wird aus einem sehr spannenden Stoff mit einem sehr guten Buch ein sehr mittelmäßiger Film. Es gibt viele gute Szenen und gute Dialoge, nur das Gesamtpaket von knapp drei Stunden ist einfach zu schwer. Bei aller Aktualität des Geheimdienst-Themas: Das hätte man besser machen können. Und hat man auch. Das Ergebnis hieß Der stille Amerikaner.

Sven Ole Leisure Lorence” Lorenzen