Originaltitel: The Beaver
USA, 2011
Kinostart: 19.05.2011
Walter und die Frau
Walter Black leidet an einer tiefen Depression. Alle erdenklichen Heilmittel, von psychiatrischer Behandlung bis hin zu Trommeln im Wald, bleiben erfolglos. Mehr und mehr kapselt Walter sich ab, von seinen Mitarbeitern, von seiner Familie. Eines Tages findet er in einem Abfall-Container eine Biber-Handpuppe und nimmt sie mit nach Hause.
Als er nach einem missglückten Selbstmordversuch erwacht, beginnt die Puppe, mit ihm zu reden. Fortan lässt Walter den Biber für sich sprechen, und nach anfänglichen Problemen beginnt sein Leben, sich zum Besseren zu wenden.
Doch nach und nach gewinnt der Biber immer mehr die Kontrolle.
Sherlock Holmes sprach, “Wenn man alles Unmögliche ausschließt, muss das, was übrig bleibt, und sei es auch noch so unwahrscheinlich, die Wahrheit sein.” Nach derselben Logik darf man in Frage stellen, ob es verrückt ist, mit einer Handpuppe zu sprechen, wenn die anerkannten Heilmethoden versagt haben. Jodie Foster erzählt mit ihrem Film eine ähnliche Geschichte wie Craig Gillespie mit seiner leider zum Geheimtipp gewordenen Perle Lars und die Frauen: Ein Mann anthropomorphisiert einen Gegenstand, um unangenehme Teile seines Unterbewusstseins in eine Form zu projizieren, mit der er kommunizieren kann.
Lars und die Frauen bezog seinen Hauptkonflikt und auch seinen Humor aus dem Unverständnis von Lars’ Umgebung. Bei Der Biber steht vor allem in der zweiten Hälfte immer mehr der Konflikt zwischen Walter und dem Biber um die Vorherrschaft über Walters Leben im Vordergrund.
Der Film steht und fällt natürlich mit Mel Gibson, und wie nicht anders zu erwarten, stürzt dieser sich kopfüber in die Rolle, die in den Händen eines geringeren Schauspielers ins Lächerliche abgedriftet wäre. Nicht nur sein unnachgiebiges Spiel, auch die Thematik des Mannes, der nach einem Zusammenbruch verzweifelt versucht, sich aufzuraffen, sollte selbst diejenigen überzeugen, die Gibson noch heute nachtragen, dass er während privater Telefongespräche böse Wörter benutzte.
Auch wenn die anderen Darsteller ebenfalls überzeugen, verliert der Film an Reiz, sobald Gibson nicht mehr im Bild ist. Die Romanze zwischen Walters Sohn Porter (Anton Yelchin) und seiner Mitschülerin Norah (Jennifer Lawrence) bestimmt große Teile der Laufzeit, fügt sich aber nie so recht in die eigentliche Geschichte ein. Zudem wirkt Porters Ablehnung seines Vaters derart kategorisch, dass man sich kaum vorstellen kann, dass die beiden jemals eine Beziehung hatten, die ein Hinterhertrauern wert wäre.
Der Biber ist ein ambitionierter Film, der leider ohne den nötigen Fokus erzählt wird. Regisseurin Foster schafft es nicht, Interesse für die Figuren oder Konflikte außerhalb des Mittelpunkts zu wecken, zudem mündet die Geschichte in ein Finale, das mit “melodramatisch” noch wohlwollend umschrieben ist.
Im Zentrum des Films jedoch steht ein Mel Gibson, der eine kuriose Geschichte mit einer überragenden Vorstellung glaubhaft, und vor allem sehenswert macht.
Felix “Flex” Dencker