Deutschland, 2008
Kinostart: 25.09.2008
Edel.
Ach, wie herrlich. Ein deutsches Drama über Radikale in einer politisch aufgeladenen Zeit, das ohne moralischen Zeigefinger oder hollywood’sche Manipulation auskommt und auch äußerst spannend geriet.
Bernd Eichinger persönlich adaptierte gemeinsam mit Regisseur Uli Edel das Buch von Stefan Aust und beginnt seinen Film dort, wo eine Erzählung über die Raf beginnen muss: Bei der Demonstration in Berlin am Kinostart: 02.06.1967 und der Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg durch einen Polizisten. Die Ereignisse überschlagen sich. Die deutsche Demokratie steht noch auf wackligen Beinen, und durch von der Presse unterstützte Vertuschungsversuche gewinnt die Protestbewegung schnell an Fahrt. Nach dem Brandanschlag auf ein Frankfurter Kaufhaus werden Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein zu drei Jahren betreutem Wohnen Gefängnis verurteilt. Die regimekritische Journalistin Ulrike Meinhof hilft bei der anschließenden Befreiung Baaders und gibt ihre Karriere sowie ihre zwei kleinen Töchter auf, um sich dem bewaffneten Widerstand anzuschließen, der inzwischen auch vor menschlichen Opfern nicht mehr zurück schreckt.
Die große Stärke von Edels Film liegt im Aufzeigen des Wandels von gerechtfertigtem Protest zu rücksichtslosem Fanatismus. Unterstützt durch ein unfassbares Darsteller-Ensemble schafft er Einblicke in den radikalen Untergrund, von dem aus jede Erklärung der Obrigkeit wie eine Lüge, jeder Polizeieinsatz wie eine faschistische Handlung erscheint und jeder, der Kritik an der Vorgehensweise äußert, Verrat an der Revolution begeht.
Geradezu erstaunlich gerät auch die technische Durchführung. Der zu großen Teilen mit der Handkamera gedrehte Film transportiert den Zuschauer direkt ins Geschehen, ohne dabei den furchtbaren Doku-Look zu bekommen, der mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht als jeder Farbfilter. Selbst in Szenen von immenser Brutalität wandelt Edel den schmalen Grat zwischen Unmittelbarkeit und Sensationslust erfolgreich und inszeniert ein packendes Bild des Schreckens, ohne dabei auf, selbst nahe liegende, Manipulationsmechanismen zurück zu greifen.
Der Baader Meinhof Komplex ist soeben als deutscher Beitrag ins Rennen um den Auslandsoscar ausgewählt worden. Es ist kaum anzunehmen, dass ein derart auf die deutsche Geschichte fixierter Film beim internationalen Publikum für bahnbrechendes Interesse sorgen wird, auch wenn er die Vorgänge in den Kontext des damaligen Weltgeschehens stellt. Dennoch könnte ich mir keinen würdigeren Vertreter vorstellen.
Felix “Flex” Dencker