Originaltitel: Fracture
USA, 2007
Ingenieur Ted Crawford (Anthony Hopkins) hat die besondere Fähigkeit, selbst kleinste Fehler oder Bruchstellen zu entdecken. Wenn ein einzelnes, defektes Bauteil einen Flugzeugabsturz verursacht, ist Crawford derjenige der es findet. Wenig verwunderlich, dass er auch die Affäre seiner jungen und attraktiven Frau Jennifer (Embeth Davidtz) rasch bemerkt. Seine Reaktion könnte nicht drastischer sein: er hält ihr eine Pistole vor das Gesicht - und drückt ab. Als die Polizei am Tatort eintrifft, hat Crawford die Mordwaffe noch in der Hand. Er legt sogar ein Geständnis ab, seine Verurteilung scheint reine Formsache. Doch was nach einem Mord im Affekt aussieht, wurde von Crawford präzise geplant.
Hopkins meistert die Rolle des durchtriebenen Mörders mit erwartungsgemäßer Souveränität. Crawford ist allerdings kein zweiter Hannibal Lecter. Er ist ein Tüftler, bei dem selbst das Maß an Grausamkeit seiner Tat eine wohldosierte Konstante ist. Wie die komplexen Konstruktionen der metallenen Kugelbahnen, an denen er leitmotivisch bastelt, soll auch sein “perfektes Verbrechen” eine perverse Eleganz aufweisen.
Crawfords Gegenspieler ist Willy Beachum (Ryan Gosling), ein junger und überaus erfolgreicher Assistent des Bezirksstaatsanwalts. Weil der Prozess ins Schlingern gerät, landet Beachum zwischen allen Stühlen. Sogar sein Wechsel in eine steile Karriere bei einer privaten Kanzlei scheint durch Crawford gefährdet. Um Goslings Figur herum gesellt sich ein ansehnliches Ensemble an Nebendarstellern. Rosamund Pike versinnbildlicht als verführerische Anwältin die Verlockungen des neuen Jobs. David Strathairn darf Beachum kraft seiner Rolle als Staatsanwalt und Noch-Chef Moralpredigten halten. Billy Burke schießt als Detective Rob Nunally, der pikanterweise persönlich in den Fall verstrickt ist, bei den Ermittlungen quer. Und Beachums Partner Detective Flores (Cliff Curtis) scheint einfach nicht in der Lage zu sein, die nötigen Beweise zu sichern. Beachum muss sich zwischen all diesen Strömungen behaupten - und so facettenreich wie Gosling seine Figur gestaltet, ist nie ganz klar, welchen Weg er letztlich wählen wird.
Regisseur Gregory Hoblit - erfahren durch Serien wie Hill Street Blues und L.A. Law - macht die Verstrickungen für den Zuschauer stets transparent. Dass er selbst Büroszenen packend für die große Leinwand inszenieren kann, hat er etwa mit Dämon bewiesen. Verpackt als Krimi erzählt Hoblits neuster Film ein modernes Märchen über Gewissen und Gewissenlosigkeit. Erstaunlich kitschfrei, aber mit Witz. Gosling und Hopkins stehen sich nur in den Schlüsselszenen direkt gegenüber, die Beziehung ihrer Charaktere wird auch in Form kleinerer Anekdoten ständig angereichert. Etwa wenn sich Beachum am Tatort umsieht. Denn so abstoßend er Crawfords Tat auch finden mag - in dessen luxuriöse Villa würde er am liebsten gleich einziehen.
Kleinere Schwächen sind auch ohne Crawfords Begabung in Sachen Fehlersuche schnell ausgemacht: Die Zwangsläufigkeit, mit welcher der Mordplan abläuft, will von Anfang an nicht so recht einleuchten. Die Nebenfigur des Detective Nunally, eigentlich ein Spezialist für Geiselnahmen, verkommt zu sehr zum emotionalen Wrack. Und die juristischen Spitzfindigkeiten, welche die weitere Entwicklung bestimmen, erscheinen zumindest anfechtbar. Wer gerne über amerikanisches Strafrecht fachsimpelt, bekommt jedenfalls Diskussionsstoff.
Statt auf überraschende Wendungen mit Knalleffekt setzt Das perfekte Verbrechen ganz klassisch auf das Duell starker Hauptfiguren. Nicht der perfekte Thriller, aber dank Ryan Gosling auch keine schlechte Wahl an der Kinokasse.
Heiko “Tico” Titz