Originaltitel: The Darjeeling Limited
USA, 2007
Kinostart: 03.01.2008
Where Do You Go To (My Lovely)
Die voneinander entfremdeten Brüder Francis (Owen Wilson), Peter (Adrien Brody) und Jack (Jason Schwartzman) unternehmen ein Jahr nach dem Tod ihres Vaters eine Zugreise durch Indien, um sich wieder näher zu kommen und gemeinsam spirituelle Erleuchtung zu erlangen.
In der Kabine nebenan: Francis’ Assistent Brendan (Wally Wolodarsky), der auf seinem mitgebrachten Computer für jeden Tag ein Programm erstellt, ausdruckt und es mit der ebenfalls mitgebrachten Laminiermaschine versiegelt.
Nachdem in Die Royal Tenenbaums und Die Tiefseetaucher heruntergekommene Patriarchen den Ton angaben, wird Darjeeling Limited vom Fehlen einer solchen Vaterfigur bestimmt. Das Ergebnis: totales Chaos. Streit, Drogen und ein genereller Unwille, Zeit miteinander zu verbringen, treiben die Brüder dazu, ihr in Plastik gemeißeltes Ziel zu vergessen, bis sich schließlich sogar ihr Zug verfährt.
Der Film tut es ihnen nach. Regisseur und Co-Autor Wes Anderson verliert sich zeitweise in seiner eigenen Detailverliebtheit und bettet den Film in zum Teil subtile und zum Teil bemerkenswert platte Metaphern. Die drei Brüder laufen alle vor irgendetwas davon und tragen ihren Ballast in einem Berg von Louis-Vuitton-Koffern hinter sich her. Die Reise, geographisch wie metaphorisch, geriet dabei auf den ersten Blick erstaunlich emotionslos. Darjeeling Limited ist ein Film über drei Brüder, die ihre Gefühle verleugnen, weil sie sie nicht verstehen, geschweige denn kontrollieren können. Und auch Anderson kratzt nur an der Oberfläche einer dicken, stoischen Kruste. Doch darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass seine Filme seit jeher mit wiederholtem Ansehen an Tiefe und Charakter gewinnen, und auch Darjeeling Limited wird hier keine Ausnahme sein. All die Feinheiten, die man an seinen bisherigen Arbeiten zu schätzen gelernt hat - von der perfekten Kameraarbeit über das wundervolle Produktionsdesign bis hin zum außergewöhnlichen Soundtrack - sind vorhanden, so dass kaum ein Zuschauer eine gelangweilte Minute verbringen wird. Bereits die Eingangsszene bringt das Chaos und die Exotik Indiens perfekt auf den Punkt und wird zudem Andersons Fans ein Lächeln auf die Lippen zaubern, das bis zum Nachspann nicht nachlässt.
Den Tiefseetauchern kann der Film nicht das Wasser reichen, orientiert sich aber sowieso näher an den Royal Tenenbaums, deren familiäre Probleme Darjeeling Limited zum Teil nachempfindet. Ob er aus ihrem Schatten hervortreten kann, wird die Zeit zeigen. Objektiv mag der Film - zumindest beim ersten Ansehen - nicht vollständig funktionieren. Aber, wenn eine Fahrt so viel Spaß macht, ist es dann wirklich entscheidend, wohin sie führt?
Felix “Flex” Dencker