USA, 2012
Kinostart: 15.11.2012
Der Film zum Buch
Ein junger Anwalt (Jim Sturgess) rettet Anfang des 19. Jahrhunderts einen Sklaven. Ein junger Komponist (Ben Whishaw) ringt in den 1930er Jahren mit seiner Homosexualität sowie seinem Chef. In den 70ern decken ein Wissenschaftler (Tom Hanks) und eine Journalistin (Halle Berry) eine Verschwörung auf. Ein Verleger (Jim Broadbent) im New York der Neuzeit wird von seinem rachsüchtigen Bruder aufs Kreuz gelegt. Im Korea der Zukunft kämpft ein Klon (Xun Zhou) um Freiheit. Nach dem Untergang unserer Welt freundet sich ein Stammesangehöriger (Hanks) mit einer geheimnisvollen Frau (Berry) an.
David Mitchells Roman Der Wolkenatlas, mit seinen verzwirbelten Handlungsfäden, die über Jahrhunderte verteilt sind und doch irgendwie zusammengehören, gilt als unverfilmbar. Tom Tykwer und die Geschwister Wachowski sahen dies als Herausforderung. Ob sie diese gemeistert haben, ist wie so oft Geschmackssache.
Die Geschichten sind allesamt schön erzählt, schön gefilmt, von guten Schauspielern in interessanten Rollen dargestellt… und völlig banal. Kenner des Buches mögen dies anders sehen, doch Uninitiierten bietet der Film lediglich eine Reihe kurzer Ausschnitte aus Geschichten, die fraglos erzählenswert sind, sich jedoch nur ansatzweise zu greifbaren Handlungsfäden verflechten. So dramatisch die Situationen auch sein mögen, in denen sich die verschiedenen Figuren wiederfinden, kaum einer der Charaktere verbringt genug Zeit mit dem Zuschauer, um eine emotionale Bindung aufzubauen. Letzteres gelingt am ehesten im Falle Jim Broadbents. Das Abenteuer des alternden Verlegers, der von einer bedrohlichen Situation in die nächste schlittert, ist amüsant und kohärent. Die Verbindung seiner Geschichte zu der von Tom Hanks, der mit Halle Berry durch die Endzeit klettert oder der von Jim Sturgess, der durch die neunbeleuchteten Straßen von Neo-Seoul hetzt, dürfte sich jedoch vor allem Lesern des Buches und Zuschauern mit fotographischem Gedächtnis erschließen.
Der Film macht mit den Themen Freiheit und Selbstbestimmung große Fässer auf, doch er kommt zu keinem Punkt, er stellt keine interessanten Fragen und schwenkt schließlich in Richtung Seifenoper, um die jeden Schmerz heilende und jede Brücke überquerende Liebe über alles zu ergießen. Für Fans der Vorlage, die sich von der Verfilmung vor allem ein Best Of erhoffen, spricht einiges für einen Kinobesuch, denn die Schauwerte sind unbestreitbar. Wer das Buch nicht kennt, sollte sich auf Konfusion einstellen.
Felix “Flex” Dencker