Originaltitel: Clerks II
USA, 2006
Mit * Clerks - Die Ladenhüter* setzte Kevin Smith 1994 allen schlecht entlohnten Angestellten ein filmisches Denkmal. Ein autobiografisches Denkmal, um genau zu sein. Denn tagsüber arbeitete Smith in jenem Gemischtwarenladen, den er nach Ladenschluss zur schwarz-weißen Kulisse seines Independent-Films werden ließ.
Mit Clerks 2 bringt er nun seine beiden Antihelden Dante Hicks (Brian O’Halloran) und Randal Graves (Jeff Anderson) zurück ins Kino. Während er selbst zum Kultregisseur avanciert ist, hat sich bei seinen Protagonisten in über einem Jahrzehnt so gut wie nichts verändert. Dante schlägt sich nach wie vor mit den aufdringlichen Kunden des “Quick Stop” herum, während ihn sein Kumpel Randal in jeder freien (oder auch weniger freien) Minute in wilde Debatten über Frauen, Sex oder Star Wars verwickelt.
Diese jahrelangen “Quick Stop”-Rituale werden ebenso wie die monochrome Filmtechnik des ersten Teils nur angedeutet. Denn der Laden fällt samt benachbarter Videothek einem Brand zum Opfer. Spätestens als Randal völlig selbstverständlich fragt, ob hier Terroristen am Werk waren, ist klar: die Welt hat sich seit 1994 weitergedreht. Aber auch in der Post-9/11-Ära sollte man besser nicht vergessen, die Kaffeemaschine über Nacht auszuschalten.
Die Radikalität, mit der Smith die geistige Wahlheimat aller Nerds den Flammen übergibt, hat - die Fans wird es freuen - kaum Konsequenzen für den weiteren Verlauf der Handlung. Denn Gespräche über Frauen, Sex und Star Wars können ebenso gut hinter der Theke eines Fast-Food-Restaurants stattfinden. Stellt sich an diesem neuen Arbeitsplatz der Clerks zwischen Frittenfett und Burgerbrötchen also die alte Looser-Idylle ein? Nicht ganz. Denn Dante - mittlerweile jenseits der Dreißig - will endlich sein Leben in die Hand nehmen und mit seiner Verlobten Emma (Jennifer Schwalbach Smith) nach Florida ziehen, heiraten und eine Autowaschanlage eröffnen. Diese Pläne gefallen weder dem enttäuschten Randal noch der Chefin; die hübsche Becky (Rosario Dawson) gönnt der zukünftigen Mrs. Hicks ihren Dante nicht so recht.
Wer den ersten Teil entweder nicht kennt oder nicht mag, wird der vielen Blödelei und der albernen Liebesgeschichte wenig abgewinnen können. Doch die wahre Zielgruppe liebt natürlich die “Jersey-Chroniken” und bekommt mit Clerks 2 weitgehend das, was sie erwartet: Jay und Silent Bob (Jason Mewes / Kevin Smith), die knuffigen Drogendealer, wie sie samt Ghettoblaster vor dem Geschäft herumhängen und Peniswitze machen. Randal, wie er bei jeder Gelegenheit demonstriert, dass er zwar älter aber deshalb nicht weniger pubertär geworden ist. Und obendrein noch einen unverdorbenen Herr-der-Ringe-Jünger, der kräftig von Star-Wars-Fan Randal verarscht wird: Neuzugang Elias (Trevor Ferhman) lässt sich von seiner Mama zur Arbeit fahren und glaubt, dass wundervolle Orte von kleinen Trollen bewacht werden. Elias stellt sich als Bereicherung für die Geschichte heraus, doch dafür wirken die Frauenfiguren in der aufgebauschten Lovestory sehr viel künstlicher als Veronica und Caitlin im ersten Teil. Angesichts der Leistungen seiner Frau Jennifer Schwalbach hat Kevin Smith beim Dreh wohl öfter mal ein Auge zugedrückt, um daheim keine schlechte Stimmung aufkommen zu lassen.
Drehten sich zentrale Dialoge in Clerks (wegweisend für die Us-Innenpolitik der Folgejahre) um Blowjobs, braucht es heute für eine anzügliche Komödie schon Deftigeres. In Clerks 2 wird daher über die Sexualpraxis des “Ass-to-Mouth” gestritten und schließlich noch wesentlich Derberes aufgefahren. Während es Clerks in dieser Hinsicht bei Wortwechseln und Andeutungen beließ, liefert die Fortsetzung einen zotigen Showdown nach Jackass-Manier. Daran anschließend kommt die lebensphilosophische Wendung, die ja zum Sympathiewert des ersten Teils nicht unerheblich beigetragen hat, bei Clerks 2 aufgesetzt und gezwungen daher.
Fazit: Eigenständiges Kultpotenzial besitzt Clerks 2 nicht. Aber kein Clerks-Fan sollte sich deshalb die spaßige Extraportion politisch inkorrekter Randal-Sprüche entgehen lassen. Es geht hier schließlich um Frauen, Sex und Star Wars!
Heiko “Tico” Titz