USA 2009 / 90 Min
Kinostart: 01.10.2009
Die Liebe in den Zeiten der Cholera
Vier junge Leute fahren mit dem Auto quer durch Amerika. Das Ziel: Ein Strand, noch aus Kindheitstagen im Gedächtnis und nun, da die Welt von einer grauenhaften Epidemie entvölkert wird, die letzte Hoffnung auf Rettung durch Isolation. Die höchst ansteckende Krankheit ist ein ständiger Wegbegleiter. Ein ebenso schleichendes wie sicheres Todesurteil, das Jenen, die noch nicht infiziert wurden, eiserne Disziplin abverlangt. Deshalb hat die Gruppe Regeln aufgestellt, den Umgang mit Trägern betreffend, Regeln, die unter allen Umständen zu beachten sind. Doch Grundsätze sind leichter gefasst als eingehalten, wenn das Benzin zu Neige geht und Kontakt mit anderen Menschen unvermeidbar wird. Wo aber Kontakt geknüpft wird, entsteht leicht Mitleid, und wo Gnade unmöglich wird, ist Grausamkeit die Folge. So dauert es nicht lange, bis sich die Regeln gegen ihre Verfechter wenden und sich ehemals Vertraute gegenseitig an die Gurgel gehen.
Carriers macht wenig falsch, aber auch zu wenig richtig. Die erste, durchaus gelungene Hälfte umschifft - wenn auch nur knapp - die bekannten Banalitäten des Genres und setzt erfolgreich auf moralische Zwickmühlen, welche den Zusammenhalt der Gruppe von Beginn an auf die Probe stellen. Die Inszenierung verzichtet dabei weitgehend auf unnötige Effekthascherei und wirkt somit eigenständig genug, um trotz erkennbarer Inspirationsquellen nicht fortwährend an andere Filme zu erinnern.
Es wäre nicht gerechtfertigt, die Handlung grundsätzlich als vorhersehbar zu bezeichnen, wirklich überraschend ist die Entwicklung der Reise jedoch ebenso wenig. Als solider, zurückhaltender Genrefilm kann Carriers, bedingt durch seine Prämisse, kaum mehr tun, als sich an jeder Station für eine der naheliegenden Optionen zu entscheiden. Das funktioniert für den Zuschauer jedoch nur, solange man darauf spekuliert, früher oder später von den Ereignissen mitgerissen zu werden.
Dieser Moment bleibt leider aus, und während die Gruppe wie erwartet kollabiert, fehlt es der Geschichte im weiteren Verlauf deutlich an Ideen und Intensität. In dieser Phase fällt dann auch negativ auf, wie eindimensional die Figuren und wie vorhersehbar ihr Wandel ist. Daran ändert auch die Besetzung von Chris Pine (Star Trek) wenig, der mit seiner Proletenrolle eher negativ auffällt. Statt dessen bestätigt sich, was zuvor bereits angesichts des sehr gelungenen Auftritts von Christopher Meloni als Vater eines infizierten Kindes deutlich wurde: Die Charaktere dienen weniger der Geschichte, sondern mehr als Vertreter der verschiedenen moralischen Standpunkte und Dilemmas.
Carriers bietet durch seine zurückgenommene Erzählweise mehr Niveau und Identifikationsfläche als die Konkurrenz, wird als Kind vieler Eltern letztlich aber weder die Cineasten, noch die Durchschnittsgucker, noch die Gorehounds, wirklich begeistern. Ohne ein innovatives Finale und mangels Energie bleibt er ein netter, aber entbehrlicher Beitrag zu einem Genre, dass sein eigenes Revival längst überlebt hat.
Tom Maurer