Originaltitel: Bolt
USA, 2008
Kinostart: 22.01.2009
Das Kapitel Michael REisner war ein langes und düsteres in der Geschichte des Disney-Konzerns. Der unnachgiebige Fokus auf Börsenwert und Quartalszahlen erreichte 2003 seinen Höhepunkt, als die Zeichentrickabteilung geschlossen wurde und mit Roy Disney der letzte Verwandte des Firmengründers seinen Hut nahm. Die darauf folgenden Versuche, sich dem CGI-Trend anzuschließen, waren mit Himmel und Huhn, Tierisch Wild und Triff die Robinsons von wenig Erfolg gekrönt, erst recht im Vergleich zu den Meisterwerken von Pixar, für die Disney den Kinovertrieb innehatte. Anfang 2006 sollte die Talfahrt dann in einem riesigen Gewaltakt gestoppt werden. Disney schluckte Pixar und sicherte sich damit die kreativsten Köpfe der Branche. Pixar-Honcho John Lasseter wurde Chef der Animationsabteilung von Disney, und Bolt ist das erste Ergebnis dieser Übernahme.
Um es kurz zu machen: Der erste Animationsfilm aus dem Hause Disney seit der Übernahme von Pixar ist … durchatmen … gelungen.
Bolt ist die Geschichte eines vierbeinigen Tv-Serienhelden, der glaubt, tatsächlich die Superkräfte zu haben, mit denen er in der Serie sein Frauchen Penny jede Woche aus den Fingern des bösen Dr. Calico rettet. Noch nie in seinem Leben hat er das Tv-Studio verlassen, in dem ihm zuliebe die Illusion aufrecht erhalten wird. Nach einer Reihe von unglücklichen Zufällen landet Bolt jedoch alleine in New York. In der festen Überzeugung, Penny retten zu müssen, macht er sich auf den Weg zurück nach Hollywood. Im Schlepptau: Eine mürrische Katze, die ihm wenig schonend beizubringen versucht, er sein ein gewöhnlicher Hund, sowie sein größter Fan, ein Hamster. Während Peggy unterdessen nach Bolt sucht, bereitet das Studio einen Nachfolger für die Rolle vor.
Großer Aufhänger ist die 3D-Technik, mit der der Film in entsprechend ausgerüstete Kinos gebracht wird. Und dieser Aspekt ist sicher der aufregendste, auch da hier im Vergleich zu Filmen wie Reise zum Mittelpunkt der Erde oder Fly Me to the Moon die dritte Dimension nur selten zum Selbstzweck entfremdet wird. Es passiert, was passiert, und das ist in einem actiongeladenen CGI-Film eine Menge. Natürlich geht es nicht die ganze Zeit rasant zu, denn die Figuren sollen ja nicht zu kurz kommen. Und die funktionieren nicht nur wegen der tollen Animationen, sondern natürlich auch wegen der guten Sprecher. Miley Cyrus als Penny ist vor allem was fürs Poster, John Travolta kann als Titelheld Bolt schon etwas mehr tun für seine vermutlich beträchtliche Gage. Susie Essman bringt als Katze ihre gewohnte Portion sympathischer Antipathie mit, doch eigentlich gehört der Film Mark Walton als enthusiastischer Fanboy-Hamster. Dass Bolt kein Pixar-Film ist, merkt man vor allem im letzten Drittel zunehmend. Hier wird in altbewährter Disney-Manier viel zu sehr auf die Tränendrüse gedrückt und das Geschehen mit Liedern untermalt, die die Wayans-Brüder nicht unsubtiler platzieren könnten. Über die Botschaft, dass das wahre Glück nicht in Abenteuern und Ruhm zu suchen ist, sondern in der Konformität daheim bei Muttern, kann man sicherlich geteilter Meinung sein. Doch muss man fairerweise dazu sagen, dass auch bei Pixar lediglich Brad Bird Geschichten erzählt hat - namentlich The Incredibles und Ratatouille - die große Träume und eine Bereitschaft, anders zu sein, feierten.
Mit Bolt ist Disney ein guter Neueinstieg ins Animationsgeschäft gelungen. Die Magier bei Pixar müssen um ihre Sonderstellung keineswegs bangen, doch zumindest DreamWorks Animation sollte sich warm anziehen. Disney ist wieder da - vor allem in 3D.
Felix “Flex” Dencker