USA, 2006
Kinostart: 25.01.2007

Auf der Jagd nach dem rosanen Diamanten

Diamanten, deren Schürfung und Verkauf direkt der Finanzierung bewaffneter Konflikte dienen, werden Blutdiamanten genannt. Edward Zwicks Film spielt im westafrikanischen Sierra Leone zur Zeit des Bürgerkriegs, der Ende der 1990er Jahre eskalierte. Hier trifft der Ex-Söldner und Schmuggler Danny Archer (Leonoardo DiCaprio) auf den Fischer Solomon Vandy (Djimon Hounsou). Archer erfährt, dass Solomon, der von Rebellen zum Schürfen gezwungen wurde, vor seiner Befreiung durch Regierungstruppen einen großen, rosafarbenen Edelstein verstecken konnte. Nur gemeinsam können sie an den Diamanten gelangen, in den beide existenzielle Hoffnungen setzen. Solomon erhofft sich die Wiedervereinigung seiner Familie, die durch Rebellen vertrieben wurde. Und Danny Archer, der aus Simbabwe stammt, ist geradezu von der Idee besessen, dass nur der Diamant ihm ein besseres Leben garantiert. Mit Hilfe der Reporterin Maddy Bowen (Jennifer Conelly), die über das Geschäft mit den Blutdiamanten berichtet, begeben die beiden sich auf eine gefahrvolle Reise quer durch das von Frontlinien zerschnittene Bürgerkriegsland.

Edward Zwick inszeniert die Jagd auf den Diamanten als temporeichen Abenteuerfilm. Um den Preis etlicher haarscharfer Zufälle wird unterhaltsames, actiongeladenes Blockbuster-Kino geboten. Im Vorbeiflug weist der Film dabei auf eine ganze Reihe sensibler politischer Themen hin, etwa auf die Verstrickung europäischer Handelshäuser in Raubbau und Schmuggelgeschäfte und auf die Tragödie der Kindersoldaten. Der Film macht die Willkür, denen die Menschen unter den Umständen eines Bürgerkriegs ausgesetzt sind, in sehr drastischen Bildern deutlich. Sinnbild der ständig lauernden Gefahr sind die von Rapmusik beschallten Machetenkrieger auf den Pick-Up-Trucks der als extrem grausam geltenden Ruf (Revolutionary United Front). Die Motivation dieser eigenartigen Rebellenarmee, die in ihrem über 10 Jahre andauernden Kampf im Bürgerkrieg ohne eine echte Ideologie auskam, bleibt auch im Film schleierhaft. Ihr Truppenführer Captain Poison (David Harewood), der ebenfalls hinter dem Diamanten her jagt, ist unter den vielen Unholden der mit Abstand furchterregendste. Die Regieleistung von Edward Zwick reicht diesmal nicht ganz an The Last Samurai heran, dafür ist Blood Diamond eine Spur zu hektisch geraten. Dennoch bleiben etliche Szenen auch nach dem Film in Erinnerung, etwa als ein Konvoi von Journalisten anhält, um sich mit Kameras bewaffnet auf eine Leiche am Wegesrand zu stürzen. Auch die Ausbildung der Kindersoldaten, unter denen sich auch Solomons Sohn Dia befindet, wird sehr eindringlich geschildert. (Der 14-jährige Kagiso Kuypers, der in dieser Rolle sein Filmdebüt gibt, wurde übrigens in Johannesburg von den Filmemachern entdeckt.)

Schauspielerisch hat der Film eine Menge zu bieten. Die eigentliche Spannung speist sich auch nicht so sehr aus Verfolgungsjagden und Feuerüberfällen, sondern aus den Unterschieden der beiden Hauptcharaktere. Trotz des Bürgerkriegs wird Solomon als ein bodenständiger und friedliebender Fischer charakterisiert, dem es vor allem um das Wohl seiner Familie geht. Der zynische Archer hat dafür keinen Sinn - er ist selbst Afrikaner, aber sieht den Kontinent eher als Hölle denn als Heimat an. Einen Menschen zu töten geht ihm ungefähr so leicht von der Hand wie Solomon die Fischerei. Dennoch hat Solomon keine andere Wahl, als sich dem Schmuggler anzuvertrauen. Hounsou und DiCaprio, die für ihre Rollen soeben für den Oscar nominiert wurden, gelingt es, diesen recht plakativen Rollen die nötige Tiefe zu verleihen (DiCaprio hat sich einen südafrikanischem Akzent angeeignet und konferiert mit Rebellen im Krio-Dialekt). Jennifer Connelly kann der Reporterin Maddy Bowen die geforderte Ambivalenz verleihen - gerade im Dilemma der Berichterstatterin spiegelt der Film eine Problematik, die auch das Unterhaltungskino besitzt. Denn ähnlich wie die Journalisten - die den Umständen jederzeit entfliehen können - beutet auch der Film die reichlich vorhandene Ressource menschliches Leid” aus und verarbeitet die raue Wirklichkeit zu einer leinwandgerechten Fiktion weiter. Ehrlicherweise muss man aber zugestehen, dass Blood Diamond das Bewusstsein der meisten Menschen eher erreichen dürfte, als kurzatmige Nachrichtenmeldungen. Und genau darin liegen natürlich auch die Ängste der Diamantenindustrie begründet, die einen Imageverlust befürchtet. Dabei ist der Appell im Nachspann des Films, doch bitte beim Diamantenkauf auf konfliktfreie Ware zu achten, fast schon unangenehm bescheiden ausgefallen. Es geht Zwick auch nicht wirklich um Diamanten, sondern um die Tatsache, dass sobald wertvolle Rohstoffe in unterentwickelten Ländern gefunden werden, die Mehrheit der Bevölkerung darunter leidet. Weil gerade in diesem Aspekt die Rebellen der Ruf eindimensional als brutale Ausbeuter dargestellt werden, wird der Dokumentarfilm und Slamdance-Gewinner The Empire In Africa diesbezüglich quasi als Gegendarstellung beworben. Der Dramatik von Blood Diamond tun die simpel gezeichneten Ruf-Horden jedenfalls keinen Abbruch. Der bereits erwähnte Captain Poison bringt es auf den Punkt: Du hältst mich für den Teufel - aber nur weil ich in der Hölle gelebt habe. Ich will hier raus.”

Zwick präsentiert mit Blood Diamond einen gelungenen Abenteuerfilm, der zwar auf den schnellen Effekt aus ist, durch die Thematik aber weit gehaltvoller als das übliche Popcornkino. Verpackt in eine actionreiche Story macht der Film am Modell der Figuren Solomon und Danny in rund 140 rasanten Minuten klar, wie Schmuggler, Söldner, Rebellen, Militärs und nicht zuletzt westliche Händler und Kunden das Geschäft mit den blutigen Diamanten weitertreiben. Die Mehrzahl der Zuschauer wird sich davon vielleicht nicht persönlich betroffen, aber doch gut unterhalten fühlen.

Heiko Tico” Titz