Originaltitel: Away We Go
USA, 2009
Kinostart: 15.10.2009

Zeiten des Aufruhrs

Burt und Verona bekommen ein Baby.
Beide sind selbstständig und mit ihrem Platz in der Welt unzufrieden. Da sie dem Kind ersparen wollen, in ihrer Bruchbude aufzuwachsen, bereisen sie den Kontinent und besuchen Freunde und Bekannte, auf der Suche nach einer neuen Heimat und auch ein wenig Lebenshilfe.

Die meisten Menschen importieren die gutgemeinten Ratschläge über natürliche Geburten oder den Umgang mit lesbischen Zehnjährigen, sei es durch Bücher, Internet oder besuchende Freunde, doch das ist nicht besonders cineastisch. Die Suche nach einem neuen Heim gibt Regisseur Sam Mendes die Möglichkeit, den Hintergrund zu wechseln, vor dem sich die einzelnen Episoden abspielen, und den Figuren, sich in unsicherem Terrain zu bewegen um so, gemeinsam mit dem Zuschauer, die Untiefen des Eltern-werdens zu erleben. John Krasinski und Maya Rudolph gefallen als eingespieltes Paar ohne aufgesetzte Streitigkeiten oder Neurosen. Diese werden den Nebenfiguren überlassen. Alison Janney glänzt als Rabenmutter, die ihre Kinder lauthals beleidigt, weil die Bratzen ja eh nicht zuhören. Die berührendste Episode führt nach Montreal und blickt hinter die Kulissen einer scheinbar perfekten Familie, über der jedoch ein dunkler Schatten liegt. Am besten im Gedächtnis bleibt Maggie Gyllenhaal als feministische Erdmutter, die Kinderwagen verachtet, weil sie ihre Kinder zu sehr liebt, um sie von sich wegzuschieben.

So archetypisch die Freaks sind, so durchschnittlich sind Burt und Verona. Sie bleiben es auch, denn die beiden durchlaufen zwischen Vor- und Abspann keine nennenswerte Entwicklung. Als Coming-of-Age funktioniert der Film somit letztlich genau so wenig wie als Road Movie - die eigentliche Reise wird mit Abfahrt und Ankunft abgehandelt. Away We Go, den Mendes in einer Arbeitspause bei Zeiten des Aufruhrs drehte, fungiert vor allem als Panorama über den alltäglichen Wahnsinn, den junges Familienleben mit sich bringt. Das schränkt die Zielgruppe natürlich stark ein, doch wer sich mit der Situation der beiden identifizieren kann, erlebt mit diesem süßen kleinen Nichts von einem Film 98 überwiegend unterhaltsame Minuten.

Felix Flex” Dencker