Originaltitel: Avatar
USA, 2009
Die Schlümpfe sind erwachsen geworden
500 Millionen. So lautet die magische Zahl, denn unglaubliche 500 Millionen Dollar soll der neue Film von James Cameron einschließlich der globalen Werbekampagnen gekostet haben. Während die einen den ersten großen Flop des Rekordregisseurs kommen sehen, verweisen die anderen auf ähnliche Bedenken bei Terminator 2 und Titanic, die vergleichbare Budget-Rekorde brachen und ihr Geld letztendlich vielfach wieder einspielten. In einem Jahr, in dem sich die Kinogänger trotz eines mehr als mauen Filmangebots überaus spendabel zeigen, ist alles möglich.
Avatar erzählt im Grunde dieselbe Geschichte wie Der mit dem Wolf tanzt oder Der letzte Samurai: Ein Soldat strandet in einer fremden Welt, gewinnt das Vertrauen der Eingeborenen und fühlt sich ihnen mit der Zeit stärker verbunden als seinen eigenen Leuten. Als es zur großen Konfrontation kommt, muss er eine Entscheidung treffen, die nicht nur sein Schicksal, sondern das eines ganzen Volkes bestimmt. In Avatar ist es der querschnittsgelähmte Marine Jake Sully (Sam Worthington), der die Bevölkerung des Planeten Pandora unterwandern soll, damit diese den Weg für den Abbau wertvoller Rohstoffe frei macht. Die Eingeborenen sind die dreieinhalb Meter großen, blauen Na’Vi, denen sich Sully mittels eines ferngesteuerten “Avatars” nähert, während sein eigener Körper in einem Behälter aufbewahrt wird, der verdächtig nach einem Sarg aussieht.
Das vorderste Zugpferd, die computergenerierte Optik, ist zugleich die größte Stärke und das größte Problem des Films. Wer nicht bereits die Preview oder die Trailer und zahlreichen Ausschnitte gesehen hat, wird einiges zu bestaunen haben. Cameron erschafft mit Pandora eine schön anzusehende Welt, bevölkert mit sehenswerten Kreaturen. Die Na’Vi stellen die computergenerierten Protagonisten aus Filmen wie Final Fantasy - The Spirits Within oder den letzten Werken von Robert Zemeckis weit in den Schatten. Avatar-Jake, seine Holde Neytiri (Zoe Saldana) sowie eine Handvoll Nebenfiguren betreten schon fast Gollum-Gebiet, wenn es um glaubhafte Mimik geht. Es gibt auch einige Aussetzer, allen voran Sigourney Weaver, deren Avatar aus irgendeinem Grund permanent überrascht wirkt. Doch im Allgemeinen ist die Grafik eine Augenweide, vor allem im großen Showdown, der nicht nur schick anzusehen, sondern auch packend in Szene gesetzt ist. Problematisch ist, dass die Protagonisten trotz allem eben immer noch wie Computergrafiken aussehen und so eine Distanz entsteht, die eine Bindung des Zuschauers schwierig macht. Die Geschichte ist dabei genauso keimfrei wie die Bilder, was der Emotionalität ebenfalls nicht gerade zuträglich ist. Cameron, der auch das Drehbuch schrieb, scheint absichtlich jedwede Vertiefung der Kulturen zu vermeiden, sowohl der Menschen als auch der Na’Vi. 150 Jahre in der Zukunft geht es auf der Erde wohl nicht mehr allzu rosig zu, doch dies wird mit ein paar Randbemerkungen abgehakt. Wichtiger für den Film sind natürlich die Na’Vi, die in mehrere Stämme unterteilt sind und mit ihrer Sprache und ihren Bräuchen die Ähnlichkeiten zu Der mit dem Wolf tanzt untermauern. Hier gibt es spärliche Einblicke in einige Riten sowie ein bisschen Bio-Technobabble von vernetzten Bäumen und Lan-Kabeln in den Haaren, doch dabei bleibt es auch. In dieser Spezies von Kriegern und Jägern, die fast nur aus Alpha-Männchen zu bestehen scheint, ziehen alle permanent an einem Strang und scheinen keinerlei irgendwie gearteten Differenzen untereinander zu haben. Das macht zwar Sullys Wandlung glaubhaft, ergibt jedoch keine sonderlich interessanten Figuren, zumal wenigstens die verschiedenen Na’Vi-Stämme Raum für Reibereien hätte bieten können.
Das Fazit muss somit zweigeteilt ausfallen. Die Geschichte ist zu glatt, um zu fesseln, die Protagonisten zu brav, um mitzureißen. Optisch ist Avatar jedoch fraglos ein Leckerbissen, den sich Sci-Fi- und Fantasy-Freunde nicht entgehen lassen sollten.
Felix “Flex” Dencker