Australien, USA, 2008
Kinostart: 25.12.2008
Irgendwo hinter dem Regenbogen
Ein australisches Vom Winde verweht sollte sie werden, Baz Luhrmanns Liebeserklärung an sein Heimatland. Mit einem Budget von 130 Mio. Dollar und neun Monaten Drehzeit waren die Rahmenbedingungen vielversprechend. Australia erzählt die Geschichte der wohlhabenden Engländerin Lady Sarah Ashley (Nicole Kidman), die kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nach Down Under reist. Ihr Ehemann, der sich um die Rinderfarm “Faraway Downs” kümmert, soll ihr untreu geworden sein. Doch sie kommt nicht dazu, ihn zur Rede zu stellen, denn als sie ankommt, ist er bereits tot, angeblich ermordet von einem Aborigine. In Wahrheit steckt der Verwalter der Farm (David Wenham) dahinter, der für den rücksichtslosen Rinderbaron King Carney (Bryan Brown) arbeitet. Um die Farm zu retten, muss die piekfeine Lady Ashley sich mit dem kernigen Viehtreiber “Drover” (Hugh Jackman) zusammentun und ihre riesige Herde zum weit entfernten Hafen von Darwin bringen.
Erzählt wird die Geschichte vom jungen Nullah (Brandon Walters), der als Mischlingskind ständig auf der Flucht vor der Regierung ist, die ihn im Zuge des “Aboriginal Protection Act” in ein Erziehungslager stecken will. Diese menschenverachtende Praktik, die erst in den frühen 1970er Jahren offiziell abgeschafft wurde, ist eines der großen Themen des Films. Die Sorge um den kleinen Jungen gibt Kidmans Lady Ashley einen Grund, von ihrem hohen Ross zu steigen und dem Film eine Dimension, die über eine bloße Liebesgeschichte in schöner Landschaft hinausreicht. Dennoch ist Australia vor allem eins: Schnulzenkino vom Feinsten. Die Reibungen zwischen Kidman und Jackman machen den halben Reiz von Baz Luhrmanns neuem Film aus. Seit African Queen hat es nicht mehr solchen Spaß gemacht, einer hochnäsigen Dame und einem ruppigen Naturburschen dabei zuzusehen, wie sie sich über einander aufregen. So ganz kann Luhrmann sich das Augenzwinkern nicht immer verkneifen, dennoch hat er sich den großen Gefühlen und natürlich ganz großen Bildern verschrieben. Und er liefert auch genau das, was Poster und Trailer versprechen: Umwerfende Landschaftsaufnahmen, ein simples Gut/Böse-Schema und Kitsch bis Unterkante Oberlippe. Ist der Treck erst einmal in Darwin angekommen, bricht der Zweite Weltkrieg über das Land herein. Hier zerfranst die Handlung etwas und die epische Breite der ersten Hälfte verliert sich in mehreren kleinen Geschichten.
Doch auch wenn er schlussendlich etwas zu viel auf einmal will, gelingt Luhrmann mit Australia ein opulentes und bezaubernd altmodisches Spektakel, dessen Figuren ohne Scham mit dem breiten Pinsel gemalt sind und Dank der rundum tollen Darsteller einfach Spaß machen - eine hohe Toleranz für Kitsch vorausgesetzt.
Felix “Flex” Dencker