Dänemark, Deutschland, 2009
Kinostart: 10.09.2009

Lars und die Frauen

Nach dem Tod des gemeinsamen Sohnes fährt ein Ehepaar (Willem Dafoe und Charlotte Gainsbourg) in ein entlegenes Ferienhaus namens Eden, um zu heilen. Dort angekommen, verliert die Frau den Verstand.

Ob sie ihn jemals hatte, liegt ebenso im Auge des Betrachters wie alles andere auch. Lars von Triers Antichrist lässt sich auf vielerlei Arten sehen, und vermutlich wird keine davon sämtliche Fragen beantworten. Wie Gainsbourg mit Dafoe umgeht, lässt Kathy Bates in Misery gemäßigt und pragmatisch wirken und den Verdacht aufkommen, von Trier rechne mit dem weiblichen Geschlecht ab. Der Name des Waldes sowie die Tatsache, dass die beiden Figuren keine Namen besitzen, legt allerdings eine religiösere Deutung nahe. Kritikergott Roger Ebert sieht in dem Film eine verdrehte Nacherzählung des Sündenfalls. Gainsbourgs Verzweiflung und Dafoes Stolz - er glaubt, sie heilen zu können - seien Sünden gegen Gott, und Satan sei es, der in dieser Spiegelwelt herrsche. Dem lässt sich schwer widersprechen, auch da die Frage nach dem Bösen im Film selbst thematisiert wird. Sie’ ist der Überzeugung, Frauen seien inhärent böse. Auch wenn Er’ ihr kategorisch widerspricht, könnte das in dieser Welt durchaus der Wahrheit entsprechen. Es ist ein grauenhafter Mikrokosmos voller Leid und Tod, wo Mensch und Tier sich selbst und einander zerfleischen und doch nie sterben. Psychischer und physischer Horror wechseln sich ab, Verstümmelungen und Sex, Thanatos und Eros stets Hand in Hand. Das ominöse Dröhnen, mit dem von Trier einige Waldszenen unterlegt, erinnert an Twin Peaks, dessen Bewohner für das Gute in ihrer Welt mit dem Bösen in diesen Wäldern” bezahlen mussten. Bei Antichrist gibt es nichts außer diesem Bösen, vielleicht abgesehen von etwas unfreiwilligem Humor in einer Sequenz, in der die Frau aus ihrem Mann ein Wägelchen bastelt.

Ist das nun ein Kunstwerk, oder nur eine möchtegern-anspruchsvolle Variante von Exploitationschwachsinn wie Saw oder Hostel? Steht dahinter eine tiefe, erzählenswerte Bedeutung oder ist es Gewalt um der Provokation Willen? Wie man es auch dreht, es ist kein Vergnügen, den Film zu sehen - und das soll es auch nicht sein - somit fällt eine allgemeingültige Empfehlung aus. Von Triers inszenatorisches Genie ist jedoch nicht zu leugnen, somit werden seine Fans jede Menge Stoff für erquickende Diskussionen finden. Dass der Film neue dazugewinnt, ist wiederum zweifelhaft.

Felix Flex” Dencker